Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 05. bis 08. Juli 2021 stattgefunden.
Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen
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Neue Vorschriften gegen Missbrauch von Kindern im Internet
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Stärkung des Mandats der Europäischen Arzneimittel-Agentur
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Ungarn: Parlament verurteilt Anti-LGBTIQ-Gesetz
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Position zum neuen EU-Umweltaktionsprogramm bis 2030
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Türkei: Parlament verurteilt anhaltende Unterdrückung der Opposition
Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten ->
Neue Vorschriften gegen Missbrauch von Kindern im Internet
Das Parlament hat eine neue Verordnung angenommen, die Kinder wirksamer davor schützen soll, bei der Nutzung von Mail-, Chat- und Kurznachrichtendiensten sexuell missbraucht zu werden. Die Gesetzesänderung war notwendig, damit Anbieter von Internetdiensten auch künftig freiwillig kinderpornografische Inhalte aufspüren, entfernen und melden können. Dabei sollen technische Hilfsmittel verwendet werden, die so wenig wie möglich in die Privatsphäre von InternetnutzerInnen eingreifen. Die neue Regelung gilt höchstens drei Jahre lang. Die Kommission ist aufgefordert, so bald wie möglich eine langfristige Lösung vorzuschlagen, welche einen Ausgleich zwischen Datenschutz und dem Aufspüren kinderpornografischer Inhalte im Internet schafft.
Stärkung des Mandats der Europäischen Arzneimittel-Agentur
Um besser für künftige Gesundheitskrisen gewappnet zu sein, sprachen sich die Abgeordneten für eine Stärkung des Mandats der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) aus. So soll es künftig eine neue europäische Datenbank zur Arzneimittelversorgung geben, um Engpässe bei Arzneimitteln zu überwachen und zu melden. Darüber hinaus brauche es mehr Transparenz seitens der EMA sowie eine bessere Koordination bei der Durchführung von klinischen Studien, über deren Ergebnisse die Öffentlichkeit regelmäßig informiert werden sollte.
Ungarn: Parlament verurteilt Anti-LGBTIQ-Gesetz
Am 15. Juni 2021 stimmte das ungarische Parlament für Vorschriften, die unter dem Vorwand der Bekämpfung von Pädophilie die Redefreiheit einschränken, indem sie LGBTIQ-Inhalte in Materialien für den Schulunterricht oder in Fernsehsendungen für unter 18-Jährige verbieten. Das Europäische Parlament verurteilte dieses Gesetz aufs Schärfste und prangerte den zunehmenden Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Ungarn an. Die EU-Abgeordneten bezeichneten das ungarische Gesetz als klaren Verstoß gegen die Werte, Grundsätze und Rechtsvorschriften der EU und forderten die Kommission und die Mitgliedsstaaten dazu auf, dringend rechtliche Schritte einzuleiten. Das Parlament wies erneut darauf hin, dass es zu einer Kürzung von Mitteln aus dem EU-Haushalt kommen müsse, wenn ein Staat Gesetze verabschiede, die unvereinbar mit den Werten der EU seien.
Position zum neuen EU-Umweltaktionsprogramm bis 2030
Das Parlament verabschiedete seine Verhandlungsposition zum neuen EU-Umweltaktionsprogramm, das bis zum 31. Dezember 2030 gelten wird. Die Abgeordneten forderten, dass das neue Programm mit dem Europäischen Green Deal sowie den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung in Einklang gebracht werden solle. Im Zentrum des neuen Umweltaktionsprogrammes müssten die Eindämmung des Klimawandels, die Förderung der biologischen Vielfalt und das Vorantreiben einer schadstofffreien Kreislaufwirtschaft stehen. Die Fortschritte der EU und der Mitgliedstaaten bei der Erreichung dieser Ziele sollten regelmäßig bewertet werden.
Türkei: Parlament verurteilt anhaltende Unterdrückung der Opposition
Die Abgeordneten äußerten sich zutiefst besorgt über den ständigen Druck auf Oppositionsparteien in der Türkei, insbesondere auf die kurdisch dominierten HDP. Sie forderten die türkische Regierung dazu auf sicherzustellen, dass alle politischen Parteien in der Türkei ihre rechtmäßigen Tätigkeiten frei und in vollem Umfang ausüben können. Fortschritte in den Beziehungen zwischen der EU und der Türkei würden auch von Verbesserungen in Bezug auf Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit abhängen, so die Abgeordneten.
Weitere Höhepunkte
Der slowenische Premierminister Janez Jansa stellte die Prioritäten der slowenischen Ratspräsidentschaft für das zweite Halbjahr 2021 vor dem Plenum des Parlaments vor. Unter dem Motto „Together.Resilient.Europe“ sollen die Erholung von sowie die Resilienz der EU nach der Corona-Pandemie, das Vorantreiben der Umsetzung der Ziele des Europäischen Green Deal, der digitale Übergang, Rechtsstaatlichkeit, strategische Autonomie und der Schutz der Außengrenzen Europas im Zentrum stehen. Im Hinblick auf die Konferenz zur Zukunft Europas betonte Jansa, dass alle Sichtweisen willkommen seien und in die Debatten eingebracht werden sollen.
Das Parlament verabschiedete die überarbeitete Fazilität „Connecting Europe“. Von 2021 bis 2027 werden damit Verkehrs-, Digital- und Energieprojekte mit insgesamt 30 Mrd. Euro gefördert, die EU-weit einen Mehrwert bringen. 60 % der Fördermittel müssen in Projekte fließen, die den Klimaschutzzielen der EU dienen.
Das Parlament billigt zwei Fonds für Asyl- und Grenzpolitik: Den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds dotiert mit 9,88 Mrd. Euro und den Fonds für integriertes Grenzmanagement dotiert mit 6,24 Mrd. Euro. Die Fonds sollen helfen, Migrationsströme zu steuern, die Integration von Drittstaatsangehörigen zu erleichtern und das Grenzmanagement zu verbessern.
Die nächste Plenarsitzung findet von 13. bis 16. September 2021 statt.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Schmidt und das Team der ÖGfE