Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 15. bis 18. Jänner 2024 stattgefunden.
Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen
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Verringerung der Emissionen von fluorierten Gasen
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Verbot von Greenwashing und irreführender Produktinformation
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Wirtschaftliche Steuerung: Mehr Glaubwürdigkeit und Investitionsförderung
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Musikstreaming: Gerechte Bezahlung, faire Algorithmen
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Ungarische Regierung bedroht EU-Werte, -Organe und -Fonds
Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten ->
Verringerung der Emissionen von fluorierten Gasen
Das Parlament billigte neue Vorschriften zur Verringerung der Emissionen starker Treibhausgase im Einklang mit den Klimazielen der EU und weltweit. Ziel ist ein kompletter Verzicht auf teilfluorierte Kohlenwasserstoffe bis zum Jahr 2050, begleitet von einem Übergang zu klimafreundlicheren Lösungen. Zusätzlich werden strikte Vorgaben eingeführt, die den Verkauf von Produkten, die fluorierte Gase enthalten, in der EU verbieten. Die neuen Vorschriften enthalten auch konkrete Fristen für den Ausstieg aus der Nutzung von fluorierten Gasen in jenen Branchen, in denen eine Umstellung auf Alternativen technologisch und wirtschaftlich machbar ist, wie z. B. bei Haushaltskühlgeräten, Klimaanlagen und Wärmepumpen.
Verbot von Greenwashing und irreführender Produktinformation
Das Parlament gab endgültig grünes Licht für eine Richtlinie, die die Produktkennzeichnung verbessert und irreführende Umweltaussagen verbietet. Die neuen Vorschriften sollen vor allem die Kennzeichnung von Produkten vertrauenswürdiger machen, indem sie allgemeine Umweltaussagen wie z.B. „umweltfreundlich“, „biologisch abbaubar“, „klimaneutral“ oder „öko“ verbieten, sofern diese nicht nachgewiesen werden. Darüber hinaus sind künftig nur noch auf anerkannten Zertifizierungssystemen beruhende oder von staatlichen Stellen eingeführte Nachhaltigkeitssiegel erlaubt und die Garantieinformationen eines Produktes müssen deutlicher sichtbar sein. In diesem Zusammenhang wird es ein neues, einheitliches Etikett geben, um Waren mit verlängerter Garantiezeit stärker hervorzuheben.
Wirtschaftliche Steuerung: Mehr Glaubwürdigkeit und Investitionsförderung
Die Abgeordneten stimmten für die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Rat über neue Regeln für die wirtschaftspolitische Steuerung der EU. Die neuen Regeln sollen Investitionen Vorrang einräumen, die nationale Verantwortung stärken und das System glaubwürdiger machen. Künftig soll es u.a. Definitionskriterien für den Abbau übermäßiger Schulden und Abweichungen von Ausgabenplänen geben, um mehr Spielraum für Investitionen - insbesondere für notwendige Klimainvestitionen - zu schaffen. Für den Abbau übermäßiger Schulden soll ein zusätzlicher Zehnjahreszeitraum eingeführt werden.
Musikstreaming: Gerechte Bezahlung, faire Algorithmen
Das Parlament sprach sich für EU-Vorschriften aus, die für Fairness und Nachhaltigkeit in der Musikstreaming-Branche sorgen und die kulturelle Vielfalt fördern. Die Abgeordneten wollen das Ungleichgewicht bei der Verteilung der Einnahmen aus dem Musikstreaming-Markt beseitigen, da die Mehrheit der UrheberInnen und ausübenden KünstlerInnen derzeit nur sehr wenig Geld erhält. Der EU-Gesetzesentwurf soll Plattformen dazu verpflichten, ihre Algorithmen und Empfehlungstools transparent zu machen, um unlautere Wettbewerbspraktiken zu verhindern. Außerdem wird die Einführung von Quoten für europäische Musikwerke gefordert, um deren Sichtbarkeit und Zugänglichkeit sicherzustellen.
Ungarische Regierung bedroht EU-Werte, -Organe und -Fonds
Das Parlament verurteilte die vorsätzlichen, anhaltenden und systematischen Bemühungen der Regierung Ungarns, die Grundwerte der EU aufzuweichen. Darüber hinaus bedauerten die Abgeordneten, dass der Rat in den laufenden Verfahren nach Artikel 7 noch keine nennenswerten Fortschritte erzielt habe. Auch die Entscheidung der Kommission, bis zu 10,2 Mrd. Euro an zuvor eingefrorenen EU-Mitteln freizugeben, obwohl Ungarn, gemäß Parlament, die geforderten Reformen noch nicht erfüllt habe, wurde von der Mehrheit der Abgeordneten scharf kritisiert. Es soll geprüft werden, ob rechtliche Schritte eingeleitet werden müssen, um die Entscheidung über die teilweise Freigabe von EU-Mitteln zu kippen.
Weitere Höhepunkte
In einer Entschließung zum Krieg zwischen Israel und der Hamas forderte das Parlament einen dauerhaften Waffenstillstand und dass die Bemühungen um eine politische Lösung des Konfliktes wieder aufgenommen würden. Davor müssten alle Geiseln unverzüglich freigelassen und die Terrororganisation Hamas zerschlagen werden. Die Abgeordneten bekräftigen Israels Recht auf Selbstverteidigung, verurteilen aber die unverhältnismäßige militärische Reaktion in Gaza. Vor diesem Hintergrund sei ein rascher und ungehinderter humanitärer Zugang zum gesamten Gaza-Streifen dringend nötig.
Die Mehrheit der Abgeordneten forderte den Rat dazu auf, endlich Maßnahmen zu setzen, um Hetze und Hasskriminalität in die Liste der EU-Straftatbestände aufzunehmen. Alle Personen und Gruppen, die zur Zielscheibe von Hass werden können, müssen geschützt werden. Darüber hinaus dürfe die Berufung auf die Meinungsfreiheit nicht dazu führen, dass Hetze und Hassverbrechen de facto nicht verfolgt werden.
Die Abgeordneten äußerten ihre Besorgnis über die rechtsstaatliche Entwicklung in der Slowakei seit dem Amtsantritt der neuen slowakischen Regierung unter Premierminister Robert Fico. Sie kritisierten insbesondere die geplante Strafrechtsreform, die geplante Auflösung der Sonderstaatsanwaltschaft für Korruptionsfälle und die geplante Reform des öffentlichen Rundfunks, die die Medienfreiheit im Land negativ beeinflussen könnte.
Die nächste Plenarsitzung findet von 05. bis 08. Februar 2024 statt.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Schmidt und das Team der ÖGfE