Warum wir kein neues „bestes“ iPhone brauchen
von Peter Windischhofer , www.trend.at, vom 13. 10. 2020
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Äppel startet mit dem Ei-Phone 12 in das 5 Ge-Zeitalter. Peter Windischhofer, sieht die Taktik, jährlich neue, technisch verbesserte Smartphones zu produzieren kritisch. Er fordert langlebigere Geräte.
Jedes Jahr wiederholt sich das gleiche Spiel: Apple versucht den Konsumenten einzureden, dass es Zeit ist für das neueste Handy oder Tablet. Schneller, besser, mit noch mehr Kameras. Dieses iPhone ist das beste, das wir je gebaut haben, sagt dann Tim Cook. Und im Jahr darauf wiederholt sich das Ganze wieder.
Wo soll das hinführen? Die Produktion eines Smartphones verbraucht im Schnitt 13.000 Liter Wasser und produziert 76 Kilogramm CO2.
Und wie reagiert Apple, wenn sie mit solchen Fakten konfrontiert werden – sie schicken einen Nachhaltigkeitsbericht hinterher, um das Gewissen zu beruhigen.
Jede Europäerin, jeder Europäer hat im Vorjahr mehr als 16 Kilogramm Elektroschrott verursacht. Die Menge an Elektroschrott ist in den vergangenen fünf Jahren um ein Viertel angewachsen – auf jährlich knapp 54 Millionen Tonnen weltweit. Haben wir bereits das Limit unseres Planeten erreicht oder verträgt er noch mehr? Wollen wir das wirklich herausfinden?
Allein in Deutschland liegen rund 200 Millionen alte Smartphones in den Schubladen. Die sind natürlich nicht alle hip und schick oder haben 6 Kameras – aber sie funktionieren und die meisten lassen sich problemlos wieder refurbishen. Jedes erneuerte Handy spart 70 Prozent CO2-Ausstoß. In diese Richtung sollte es gehen.
Wir brauchen keine neuen und besseren iPhones mit noch mehr Kameras. Wir brauchen Handys, die länger leben und einfacher reparierbar sind.
Jährlich neue Smartphones: ökologisch und gesellschaftlich tragbar?
Die Verantwortung eines Tech-Konzerns wie Apple darf nicht bei den Aktionären enden. Wer nur auf schnelles Wachstum und einen steil steigenden Aktienkurs aus ist, läuft Gefahr, das Wesentliche aus den Augen zu verlieren – nämlich die Umwelt und ihre noch verbleibenden Ressourcen. Immer schneller Neues und Besseres kann nicht auf Dauer gut gehen.
Wir brauchen eine verantwortungsvolle Kreiskaufwirtschaft: Unternehmen, Kundinnen und Kunden und politische Entscheidungsträger. Dieser Kreislauf muss verstärkt werden. Wenn eine Säule wegbricht, hat die Umwelt das Nachsehen. iPhones, iPads oder Apple Watches müssen nicht nach einem Jahr in die Schublade oder in den Müll wandern. Diese Geräte verdienen ein zweites Leben und können erneuert wieder in den Kreislauf eingebunden und weiterverwendet werden.
Jeder sollte mithelfen, um diesen Berg zu verkleinern, und dafür braucht es politische Rahmenbedingungen. Zum Beispiel weniger Umsatzsteuer auf erneuerte Geräte. Zudem sollten Hersteller bereits verwendete Geräte am Ende ihres Produktlebenszyklus zurücknehmen und sicherstellen, dass wertvolle Rohstoffe recycelt und wieder in den Produktionskreislauf integriert werden. Für einen ernst zu nehmenden und nachhaltigen Richtungswechsel braucht es auch Anreize – ähnlich wie die staatliche Förderung bei der E-Mobilität.
Recht auf Reparatur: Europäische Vorreiterrolle wichtig
Der Aktionsplan der EU für ein Recht auf Reparatur geht in die richtige Richtung und ich finde es auch richtig, dass Europa versucht, eine Vorreiterrolle einzunehmen. Wir brauchen einheitliche und internationale Standards. Denn eines zeigt die Erfahrung: Wenn es irgendwo eine Lücke gibt, dann wird diese ausgenutzt. Und ganz ehrlich: Haben Sie nicht auch die Nase voll von Smartphones, die pünktlich mit Ablauf der Garantie den Geist aufgeben oder auf unerklärliche Weise plötzlich keine Akkukapazität mehr haben? Wenn elektronische Geräte einfacher und besser reparierbar wären, dann könnte ihre Lebensdauer um Jahre verlängert werden.
Zur Person Peter Windischhofer gründete gemeinsam mit Kilian Kaminski und Jürgen Riedl im Jahr 2017 das Start-up Refurbed, das sich auf das Erneuern gebrauchter Elektronik-Produkte - besonders Smartphones und Tablets - spezialisiert hat und diese Geräte mit Garantie weiterverkauft. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen 100 Mitarbeiter. Anfang 2020 konnte sich das Green-Tech-Startup rund 16 Millionen Euro von internationalen Investoren in einer Series A Finanzierungsrunde sichern. Aktuell ist refurbed in Österreich, Deutschland, Polen und Italien aktiv.
von Peter Windischhofer , www.trend.at, vom 13. 10. 2020