Mythen und Fakten zum Thema Soziales - Teil 2
Mythen und Fakten zum Thema Soziales - Teil 2 | Sozialdemokratische Partei Österreichs
Hier gehts zum Originaldokument der SPÖ ->
1) Falsch ist: Die Mindestsicherung (BMS) fördert Arbeitsunwilligkeit.
Richtig ist: Die Mindestsicherung ist wesentlich missbrauchssicherer als die frühere Sozialhilfe. Gerade mit der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) wurde der Fürsorgecharakter der Sozialhilfe stärker mit dem Leistungsprinzip verbunden. Jährlich gehen tausende Sperrmeldungen des AMS an die verantwortlichen Bundesländer. Die BMS wird daraufhin gekürzt oder sogar gesperrt. Wien spricht die meisten Sanktionen aus.
2) Falsch ist: Die Mindestsicherung ist zu hoch.
Richtig ist: Nur 25 Prozent der Mindestsicherungs-BezieherInnen sind VollbezieherInnen. Der Rest, also drei Viertel der BMS-BezieherInnen, hat irgendeine Art von (Arbeits-)Einkommen oder partizipieren davon, etwa Kinder.
3) Falsch ist: Wer einmal BMS-BezieherIn ist, bleibt BMS-BezieherIn.
Richtig ist: Es gab bereits 95.000 Arbeitsaufnahmen. Durchschnittlich wird die Mindestsicherung rund 8 Monate bezogen. Das zeigt, dass die Mindestsicherung funktioniert: Sie ist eine echte Hilfe für Menschen in Notlagen, durch die enge Zusammenarbeit mit dem AMS funktioniert aber auch die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.
4) Falsch ist: Jeder, der in Österreich arbeiten will, findet eine Arbeit.
Richtig ist: Auf eine offene Stelle kommen 10 Arbeitsuchende. 320.000 Menschen sind Ende Juli 2015 beim AMS als arbeitsuchend gemeldet (mit Schulungsteilnehmern erhöht sich die Zahl sogar auf 375.000). Aber zum selben Zeitpunkt stehen nur 31.119 gemeldete offene Stellen zur Verfügung.
5) Falsch ist: Arbeitslose nehmen außerhalb ihres Wohnortes keine Arbeit an.
Richtig ist: Zwei Stunden Wegzeit für Hin- und Rückweg gelten jedenfalls als zumutbar. Die Wegzeiten können überschritten werden – z.B. wenn am Wohnort lebende Personen üblicherweise eine längere Anfahrt zum Arbeitsplatz haben (also eine Pendlergemeinde) oder besonders günstige Arbeitsbedingungen angeboten werden. Bei einem Teilzeitjob gelten jedenfalls eineinhalb Stunden Wegzeit für Hin- und Rückweg als zumutbar.
6) Falsch ist: Arbeitslose nehmen nur Arbeit in ihrem „Traumberuf“ an.
Richtig ist: Das AMS darf nach Ablauf von 100 Tagen sogar berufsfremde Beschäftigung vermitteln. Das AMS darf auch in schlechter bezahlte Beschäftigung vermitteln, aber hier kommt der sogenannte „Entgeltschutz“ zum Tragen: Das bedeutet, dass man in der neuen Beschäftigung in der Höhe von 80 Prozent der letzten Bemessungsgrundlage des Arbeitslosengeldes entlohnt werden muss. Nach Ablauf von 120 Tagen senkt sich diese Grenze auf 75 Prozent. Im Notstandshilfebezug gelten diese Schutzbestimmungen nicht. Unter dem Kollektivertrag darf man aber nicht entlohnt werden. Wenn man sich weigert, die vermittelte Arbeit aufzunehmen, kommt es zum zeitweiligen (oder gänzlichen) Verlust des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe.
7) Falsch ist: Das Arbeitslosengeld ist fast so hoch wie das Arbeitseinkommen.
Richtig ist: Das durchschnittliche Arbeitslosengeld lag 2014 bei 893,90 Euro netto im Monat. Das Arbeitslosengeld beträgt im Allgemeinen 55 Prozent des Nettoeinkommens des Vorjahres. Wenn der Grundbetrag niedriger als der Ausgleichszulagenrichtsatz (872,31 Euro) ist, bekommt man einen Ergänzungsbetrag. Jede zuschlagsberechtigte Person mit Kindern bekommt auch einen Familienzuschlag, der aber nur täglich 0,97 Euro beträgt.
8) Falsch ist: Mit Hartz IV hat Deutschland das bessere Modell.
Richtig ist: Hartz IV erzeugt Lohndumping. Hartz IV ist eine Sozialhilfe, die erst zum Tragen kommt, wenn die Berechtigung zum Bezug des Arbeitslosengelds bereits ausgelaufen ist oder nicht genug Versicherungszeiten für Arbeitslosengeld da sind. Es ist also mit der Notstandshilfe nicht vergleichbar, die eine Versicherungsleistung ist, die von den BezieherInnen vorher erarbeitet wurde. Hartz IV hat in Deutschland zu Lohndumping durch Schaffung eines Billigarbeitsmarktes geführt. Darüber hinaus belegen Studien, dass die Sozialausgaben durch Hartz IV ansteigen, da immer höhere Beihilfen ausbezahlt werden müssen, damit die BezieherInnen über die Runden kommen.
9) Falsch ist: Österreich gibt mehr als jedes andere Land für Pensionen aus.
Richtig ist: Diese Behauptung ist nicht nur falsch, wenn man in absoluten Zahlen rechnet, sondern auch, wenn man die Ausgaben für Pensionen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) misst. 2013 wendete Österreich für Pensionen inkl. Beamte 13,9 Prozent des BIP auf. Griechenland, Frankreich und Italien aber deutlich mehr. Bis 2060 wird dieser Wert in Österreich sehr stabil bleiben (+0,5 Prozent, das sind heute grob 1,5 Mrd. Euro) und damit auf 14,4 Prozent steigen. Deutschlands Ausgaben steigen deutlich (10 Prozent auf 12,7 Prozent), ebenso wie die Belgiens (11,8 Prozent auf 15,1 Prozent). Übrigens, der Bundeszuschuss liegt in Österreich stabil seit Jahrzehnten bei unter 3 Prozent. Rechnet man die Beamten dazu, beträgt er circa 6 Prozent.
10) Falsch ist: Das Frauenpensionsantrittsalter muss vorzeitig angehoben werden.
Richtig ist: Frauen würden damit in die Arbeitslosigkeit verschoben. In Zeiten einer angespannten Arbeitsmarktsituation, besonders bei älteren Arbeitnehmerinnen, ist diese Forderung zynisch. Die Anhebung des gesetzlichen Frauenpensionsantrittsalters ab 2024 ist mit gutem Grund verfassungsrechtlich verankert. Eine frühere Anhebung würde nur zu mehr arbeitslosen Frauen führen.