Mythen & Fakten zum Thema Armut


Mythen & Fakten zum Thema Armut
 

Mythen und Fakten zum Thema Armut | Sozialdemokratische Partei Österreichs

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1) Falsch ist: In Österreich gibt es überhaupt keine armen Menschen.

Fakt ist: Vier Prozent der Bevölkerung gelten als arm.
Das sind Personen, auf die mindestens vier der folgenden Merkmale zutreffen: Zahlungs­rück­stände liegen vor oder un­er­wartete Aus­gaben kön­nen nicht ge­tätigt werden, Hei­zen, aus­ge­wo­gene Er­nähr­ung, Ur­laub, PKW, Wasch­ma­schine und TV, Fest­netz­tele­fon oder Handy sind nicht leist­bar. Ins­ge­samt sind 19,2 % der Be­völ­ker­ung in Öster­reich und 24,5 % im EU-Durch­schnitt von Ar­muts- oder Aus­grenzungsgefährdung betroffen.

2) Falsch ist: Die Mindestsicherung (BMS) fördert Faule mit vielen Kindern.

Fakt ist: Hier wird versucht, eine Ausgrenzungspolitik auf dem Rücken der Schwächsten zu machen.
Der Vorstoß der angeblichen Familienpartei ÖVP, die Mindest­sicherung für Familien auf maximal 1.500 Euro zu deckeln, ist ein Sig­nal in die gänz­lich fal­sche Rich­tung. Be­reits heute zählen Fami­lien mit mehreren Kin­dern zu den am meisten armuts­ge­fähr­deten Grup­pen in Öster­reich. Über 70 % der BMS-be­ziehen­den Haus­halte mit Kindern wären be­trof­fen.

3) Falsch ist: Die Mindestsicherung ist eine soziale Hängematte.

Fakt ist: Mit der BMS konnten bereits 103.000 Menschen in den Arbeits­markt in­te­griert werden.
Selbst wenn Teile der ÖVP die BMS immer wieder schlecht­reden wollen, die Mindest­sicherung ist we­sent­lich miss­brauchs­sicherer als die frühere Sozial­hilfe. Wer ar­beits­fähig ist, sich aber nicht um Ar­beit be­müht, muss mit einer Kür­zung bis hin zur Strei­chung der BMS rechnen. Durch­schnitt­lich wird die BMS nicht ein­mal neun Mo­na­te lang be­zo­gen. Sie ist also eine echte Über­brückungs­hilfe für Men­schen in Not.

4) Falsch ist: Trotz SPÖ-geführtem Sozialressort werden die Armen immer mehr.

Fakt ist: Es gibt einen Rückgang der Armutsgefährdung.
Österreich ist eines von wenigen Ländern in der EU, das positive Er­geb­nisse vor­legen kann. Seit 2008 ist die Zahl um 90.000 Per­sonen zurück­gegangen.

5) Falsch ist: Deutschland zeigt mit Hartz IV vor, wie man’s richtig macht.

Fakt ist: Hartz IV erzeugt Lohndumping und steigende Sozialkosten.
Dass die ÖVP immer wieder gerne Richtung Hartz IV schielt, hat keine sachlichen, sondern rein politische Gründe. Hartz IV hat zu Lohn­dumping durch Schaf­fung eines Billig­arbeits­marktes ge­führt. Unter den er­werbs­fähigen Hartz IV–Be­zieher­Innen be­finden sich 30 % working poor. Da­rüber hinaus stei­gen die Sozial­aus­ga­ben durch Hartz IV an, da im­mer höhere Bei­hilfen aus­be­zahlt wer­den müs­sen, damit die Be­zieher­Innen über die Run­den kom­men. Nicht zu­letzt durch Hartz IV ist mehr als jede/r Siebte nur Mini­jobber und bei­nahe jede/r Vierte Niedrig­loh­nbezieherIn und kann kaum von der Er­werbs­ar­beit le­ben. Deutsch­land hat darüber hin­aus mit 67,4 % die höchste Ar­muts­ge­fährdungs­rate bei Arbeits­losen in Eu­ro­pa. Zum Ver­gleich: Ru­mänien 50,8 %; Bul­garien: 50,2 %; Griechen­land 45,9 %, Öster­reich: 44,6 %.

6) Falsch ist: Viele flüchten sich in Depressionen statt zu arbeiten.

Fakt ist: Depression ist eine Krankheit, die durch Armut aus­ge­löst wird, aber auch zu Armut führt.
Depressionen und Armut sind wie hässliche Zwillinge, die oft gemein­sam auf­treten. Was wozu führt, ist nicht in jedem Fall ganz klar. Wird man de­pres­siv, weil man sich Sor­gen machen muss, ob man die nächs­te Miete be­zahlen kann? Oder kann man Rech­nungen nicht be­zahlen, weil man de­pres­siv ist?

7) Falsch ist: Wer sich einen HD-Fernseher leisten kann, ist nicht armutsgefährdet.

Fakt ist: HD-Fernseher und Smartphones sind heute keine Luxus­gegen­stände mehr.
Das liegt daran, dass die Kosten für Elektro­geräte in den letzten Jahren mas­siv ge­fallen sind. Sicher: Arme in Öster­reich sind im Ver­gleich zu Armen in Indien bes­ser dran. Aber ent­schei­dend ist, dass um der Ar­mut zu ent­kom­men gute Bil­dung und ein sta­biles Um­feld helfen – mög­lichst in einer guten Wohn­gegend.

8) Falsch ist: Die meisten BMS-BezieherInnen gibt es in Wien.

Fakt ist: Wien hat den geringsten Anteil an Voll­bezieherInnen.
Nämlich rund 9 %. Österreichweit beträgt dieser Wert durchschnittlich etwa 25 %. Der Rest ver­fügt über irgend­eine Art von Ein­kom­men und be­zieht als sogenannter „Auf­stocker“ teils nur Kleinst­be­träge aus dem Titel der BMS. Etwa ein Drit­tel der BMS-Be­zieher­Innen ist beim AMS ge­meldet. Der Rest sind Kinder, Ältere, Per­sonen, die ihre Ar­beits­kraft nicht ein­setzen kön­nen (Er­werbs­un­fähige, Müt­ter mit Kleinst­kin­dern, Pfle­gende) oder Men­schen, die einen Job ha­ben, aber da­von nicht le­ben kön­nen.

9) Falsch ist: Arme sind Asoziale, die sich selbst in diese Lage gebracht haben.

Fakt ist: Es sind vor allem Allein­er­ziehende, die arm oder armuts­ge­fährdet sind.
Frauen, Familien mit drei und mehr Kindern sowie Ein-Eltern-Haus­halte weisen den höchs­ten An­teil an nied­rigen Ein­kom­men auf. Oft ge­nügt schon eine Schei­dung oder Tren­nung, um Frauen in eine pre­käre fi­nan­ziel­le Si­tu­a­tion zu brin­gen. Denn im­mer noch sind es vorwiegend Frauen, die die niedrig­eren Ein­kom­men ha­ben, aber die Haupt­last der Er­ziehungs­ver­ant­wor­tung tra­gen. Ge­ringe Bil­dung, aus­ländische Staats­bürger­schaft und Arbeits­losig­keit ge­hen ten­den­ziell eben­falls häu­fig mit niedrigem Lebens­standard ein­her.

10) Falsch ist: Das Arbeitslosengeld nützt denjenigen, die nicht arbeiten wollen.

Fakt ist: Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungs­leistung, die nicht über­höht ist.
Das Arbeitslosengeld beträgt im Allgemeinen 55 % des Netto­ein­kommens des Vor­jahres. Das AMS darf nach Ab­lauf von 100 Tagen auch be­rufs­fremde Be­schäf­ti­gung und nach vier Mo­na­ten so­gar deut­lich schlech­ter be­zahlte Ar­beit ver­mit­teln. Wenn man sich wei­gert, die an­ge­botene Ar­beit auf­zu­nehmen, kommt es zum zeit­weilig gänz­lichen Ver­lust des Arbeits­losen­geldes bzw. der Not­stands­hilfe. Die Be­haup­tung, das Arbeits­losen­geld sei fast ge­nau­so hoch ist wie das Arbeits­ein­kom­men und des­halb sei es für die Unter­nehmer schwer, Arbeits­kräfte zu finden (Finanz­mi­nis­ter Schelling), ist also falsch und zynisch.

Saturday, December 12, 2015 7:07:00 PM
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