Die Filmemacherin Gabriele Bacher, Tochter des legendären ORF-Generals, hatte - unterstützt von zahlreichen Prominenten, Künstlern und Intellektuellen - alle Politiker angeschrieben, die - an welcher Stelle auch immer - auf den Wahllisten für die kommende Nationalratswahl stehen. Und diese unter offensiver medialer Begleitung um ein „Versprechen für die Republik” (so der Name der Plattform) gebeten.
Nämlich um ihre demonstrative Unterschrift unter folgender Erklärung:
„Ich versichere hiermit, dass ich im Fall meiner Wahl zur/zum Abgeordneten zum Österreichischen Nationalrat eine Bundesregierung mit FPÖ-Beteiligung nicht unterstützen und ihr nicht zu einer parlamentarischen Mehrheit verhelfen werde.“
ÖVP-Promis für Absage an Schwarz-Blau, ÖVP-Spitze dagegen.
Die versammelte ÖVP-Führung ließ eine Debatte unter den Abgeordneten darüber erst gar nicht aufkommen. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker beschied Engelberg umgehend knapp und bestimmt: Karl Nehammer (der in der Sitzung fehlte) schließe seit Monaten mehr als deutlich eine Koalition mit Kickl aus. Stocker: „Wir raten daher allen nicht zu unterschreiben.”
Unter den Promotoren der öffentlichen Absage von potentiellen Mandataren aller Lager finden sich nicht nur in ÖVP-Kreisen einstige politische Schwergewichte wie Ex-ÖVP-Generalsekretär Ferry Maier, Ex-EU-Kommissar Franz Fischler, Ex-Klubchef Heinrich Neisser, Ex-EU-Parlaments-Vizepräsident Othmar Karas, Ex-Justizsprecher Michael Ikrath oder der einst auch in der ÖVP hinter den Kulissen mächtige Ex-Raiffeisen-Chef Christian Konrad.
Noch vor wenigen Jahren hätte ein derartiger Frontverlauf im bürgerlichen Lager zu wochenlangen internen Auseinandersetzungen samt dissonanter medialer Begleitmusik geführt.
Eine Machttechnik aus der implodierten Kurz-Ära der Türkisen hat die Nehammer-Truppe aber bislang erfolgreich in die wieder weitaus weniger glanzvollen ÖVP-Zeiten hinübergerettet: Mit strikten Orders per Signal-Gruppen werden die Reihen noch weiter dicht gehalten.
Kein einziger Kandidat auf den ÖVP-Wahllisten mit einer auch nur halbwegs realistischen Mandatschance hat bisher dem Aufruf einer öffentlichen Absage an Schwarz-Blau Folge geleistet.
Ruppiges ÖVP-Match um Schwarz-Rot-Pink versus Neuauflage mit Blau.
Die schwarz-türkise Stallorder zeigt Wirkung. Zumindest bis zum Wahltag soll jene Debatte öffentlich nicht aufkommen, die hinter den Kulissen längst immer kontroverser geführt wird: Soll die ÖVP - wie von Nehammer und Teilen der Partei propagiert - tatsächlich das Experiment einer Dreier-Koalition mit Rot und Pink starten - im Wissen, dass in der SPÖ nach der Wahl mehr und heftiger denn je um die Vormacht und den richtigen Kurs gerungen werden wird.
Oder soll die ÖVP nicht besser ein Bündnis mit den - zumindest inhaltlich - berechenbareren Blauen eingehen?
Vor allem in Kreisen der Industriellenvereinigung neigt sich das Pendel immer stärker Richtung zugunsten einer Neuauflage einer Regierung mit den Blauen.
Die ÖVP-interne Debatte darüber wird sich bestenfalls nur noch bis zum Wahltag derart unter der Decke halten lassen.