Die Mautbefreiung ist nicht sinnvoll
Presse 22.11.2019 um 18:39 ; Printausgabe 24.11.2019
von Franz Nauschnigg [1]
Es war eine schlechte Entscheidung des Parlaments, der Asfinag gerade jetzt finanzielle Mittel zu entziehen.
Die von den Landeshauptleuten von Tirol, Vorarlberg und Salzburg geforderte und vom Parlament am 13. November mit den Stimmen von ÖVP, Neos, FPÖ und Grünen gegen den Widerstand der SPÖ beschlossene Mautbefreiung von Autobahnabschnitten bei Kufstein, Bregenz und Salzburg ist aus folgenden Gründen eine schlechte Entscheidung:
1. Im Wahlkampf haben sich alle Parteien für den Klimaschutz ausgesprochen. Diese Subventionierung des Autoverkehrs, der durch die Vignette ja zu seinen Straßenkosten beiträgt, ginge in die entgegengesetzte Richtung. Mehr Autoverkehr bedeutet mehr Umweltverschmutzung. Warum die grünen Koalitionspartner in den Ländern kein Veto eingelegt haben, ist nicht klar. Den Ausweichverkehr durch die Vignettenflüchtlinge hätte man besser durch eine Vignettenpflicht auch für die Ausweichstrecken gelöst. So kommt es nur zu einer Verlagerung des Ausweichverkehrs.
2. Wenn man dadurch auf mehr deutsche Urlauber hofft, ist dies auch nicht sinnvoll, da zu den Urlauberreisezeiten diese Autobahnabschnitte überlastet sind. Sinnvoller wäre es, wenn die Länder bessere Zugverbindungen bestellen würden. Die Verlagerung von der Straße auf die Schiene würde sowohl der Umwelt (weniger Emissionen) als auch dem Straßenverkehr (weniger Staus) helfen. Man könnte dies in Deutschland als Ökotourismus vermarkten.
Gefährdete Finanzierung
3. Die Asfinag verliert dadurch, wie das Verkehrsministerium warnte, 75 Millionen Euro an Einnahmen. Es ist nicht einzusehen, dass die reichen Länder Tirol, Vorarlberg und Salzburg auf Kosten der Asfinag und damit des Gesamtstaates Österreich subventioniert werden.
4. Dann wäre die Finanzierung der Asfinag gefährdet. Die Asfinag ist vollständig im Eigentum der Republik Österreich, hat eine Staatsgarantie für ihre Schulden,
was eine billige Finanzierung ermöglicht. In der EU wird sie dem Privatsektor zugerechnet, weil vollständig durch Mauteinnahmen finanziert.
Deutsche kopierten Modell
Dies war eine Bedingung der EU für die Sonderbehandlung der Asfinag, als wir 1996 im Finanzministerium die Asfinag einrichteten. Die vollständige Eigenfinanzierung war auch ein zentrales Argument dafür, dass das Asfinag-Modell von der EU 2014 wieder anerkannt wurde und die Asfinag damit weiter im privaten Sektor bleibt.
5. Auch Deutschland setzt nun, nachdem wir es in einer deutschen Regierungsexpertenkommission („Fratscher-Kommission“) vorgestellt hatten, das Asfinag-Modell um. Es wäre geradezu paradox, wenn durch diese Aktion der ÖVP und der Grünen in Österreich das erfolgreiche Asfinag-Modell zerstört würde. Eine erfolgreiche Konsolidierung der Staatsfinanzen sieht anders aus.
6. Die Einnahmen werden der Asfinag fehlen. Ob sie in Zukunft durch höhere zweckgebundene Treibstoffsteuern ersetzt werden, steht in den Sternen. Die Erhöhung der Treibstoffsteuern würde dazu führen, dass die Einnahmen aus dem Tanktourismus versiegen würden und kaum Zusatzeinnahmen lukriert werden könnten. Ausländer würden dann nicht in Österreich tanken und auch keinen Beitrag zu den Straßenkosten leisten. Zusätzlich werden durch die Elektromobilität die Treibstoffsteuer-Einnahmen sinken.
7. Gerade jetzt wäre es wichtig, durch Infrastrukturinvestitionen die Bauwirtschaft anzukurbeln, um dem Wirtschaftsabschwung gegenzusteuern. Der Asfinag jetzt Mittel zu entziehen, ist nicht sehr sinnvoll.
[1] Mag. Franz Nauschnigg war Leiter der Abteilung für Integrationsangelegenheiten und Internationale Finanzorganisationen der Oesterreichischen Nationalbank.