Bundeskanzler Kern nennt sieben Punkte für Neuordnung der EU
Bundeskanzler Christian Kern hat am Montagabend im Kuppelsaal der TU-Wien sieben Punkte formuliert, die aus seiner Sicht für die Neuordnung Europas nötig sind. Im Beisein seines Vorgängers als Regierungs- und SPÖ-Chef Franz Vranitzky stellte er vor allem wirtschaftspolitische Forderungen auf, mahnte aber auch Treue zu europäischen Werten und Solidarität unter den EU-Mitgliedstaaten ein.
Die sieben Punkte von Kern
-
die Wirtschafts- und Währungsunion - vor allem durch Koordinierung der Steuerpolitik unter den EU-Staaten - vollenden,
-
für Steuergerechtigkeit - und gegen Steueroasen sowie Sonderbegünstigungen für Großkonzerne - kämpfen,
-
Lohn- und Sozialdumping bekämpfen (Stichwort: Entsende-Richtlinie),
-
ein ähnliches Wohlstandsniveau in den EU-Staaten fördern - etwa durch Zukunftsinvestitionen,
-
auf eine faire Handelspolitik pochen - etwa auf Trennung von Handel und Investorenschutz in Freihandelsabkommen,
-
die europäische Wertegemeinschaft verteidigen, wobei "Liberalität und Demokratie untrennbar" seie
-
bei der Migration die Lasten aufteilen.
EU als "Projekt der Hoffnung"
Kern will nach eigenen Worten die EU wieder zu dem machen, was sie ursprünglich war: "Ein Projekt der Hoffnung, ein Projekt, das bei den Bürgerinnen und Bürgern wieder an Vertrauen gewinnt. Dafür müssen wir aber das Versprechen Europas von Sicherheit und Wohlstand erneuern", führte der SPÖ-Vorsitzende aus. "Wir müssen ein aktives, schützendes Europa bauen, damit Europa ein Projekt des Friedens und der Sicherheit, aber auch des gemeinsamen Wohlstands und der Gerechtigkeit ist." In einer Zeit, wo "die absolute Dominanz der USA von einem Geflecht von konkurrierenden und kooperierenden Machtzentren abgelöst" werde, müsse die EU eines dieser Zentren neben den USA, China oder Russland werden, "da wir unsere Werte und Interessen nur gemeinsam wirkungsvoll vertreten können".
Neben einer besseren Reform der Entscheidungsprozesse in der EU bei der großen Erweiterung 2004 ist aus der Sicht des Kanzlers der zweite "Baufehler" der Union, dass keine Mindeststeuersätze akkordiert wurden. Kern will daher auch für Steuergerechtigkeit und gegen Steueroasen sowie Sonderbegünstigungen für Großkonzerne kämpfen. Er warnte im Kuppelsaal der TU Wien vor einer "Steuerspirale nach unten".
Für Altkanzler Franz Vranitzky sind in den Solidaritäts-Fragen der künftigen Europapolitik die soziale Balance zu wahren, damit diese nicht zu "Kampfzonen" mutieren: "Denn, werden diese Fragen nicht gelöst, dann haben die Trumps und Putins Recht, dass diese EU nix wert ist".