4. Gesellschaftspolitischer Frühschoppen - 30.04.


Gesellschaftspolitischer Frühschoppen am 30.04.2017
 
Mit unserem Gesellschaftspolitischen Frühschoppen haben wir – wir von den sog. südlichen Sektionen Simmerings: Sektion-7 Leberberg, Sektion-8 Thürnlhof, Sektion-14 Kaiserebersdorf, Sektion-15 Neugebäude und Sektion-18 Kress-Platz – eine Informations- und Diskussions­runde auf den Weg gebracht, die wir auch heuer wieder veranstalten. In den vergangenen Jahren hatten wir damit Interesse und Zu­spruch bei den Teil­nehmern geweckt. Daran wollen wir anknüpfen. Es ist unser Ziel zu aktuellen Themen – von Simmering bis hinaus in die weite Welt – Stellung zu beziehen und sind stets bemüht Kenner der Sachlage als Referenten und/oder Diskussionsteilnehmer aktiv mit einzubinden.

 

Wir greifen bei unserem
Gesellschaftspolitischen Frühschoppen
30. April 2017, 10 bis 12 Uhr

im Schutzhaus Neugebäude folgendes Thema auf:

EU
zwischen Hoffen und Bangen

Mit dieser Themenwahl wollen wir bekunden, dass wir am Puls der Zeit sind.

Als Referent konnten wir wieder Professor Stefan Schennach gewinnen.
Prof Stefan Schennach
Mitglied des Bundesrates
Mitglied des Europarates

Vorsitzender des PACE-Ausschusses „conflicts between memberstaates“
Vorsitzender des Ausschusses für Energie, Umwelt und Wasser der Union für das Mittelmeer (UfM)
Stellvertretender Vorsitzender des EU-Ausschusses des Bundesrates
Vorsitzender des Ausschusses für Zukunft, Innovation und Forschung
Europa- und außenpolitischer Sprecher
Mitglied der COSAC

Delegationsleiter Österreichs für die Union für das Mittelmeer UfM
Vorsitzender der Wahlbeobachtungskommission des Europarates für Mazedonien
Rapporteur des Europarates für Asserbaidschan
Rapporteur für „dirty money“ des Europarates

Ausschussmitgliedschaften BR: Europa, Aussenpolitik, Justiz, Wissenschaft, Verfassung und Föderalismus und
Ausschussmitgliedschaften Europarat: Monitoring-Komitee, Ausschuss für Soziales sowie Ausschuss für Kultur und Medien sowie rules of procedre.

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Vor 60 Jahren schlossen sich mit den Römi­schen Ver­trägen, welche am 25. März 1957 in Rom unter­zeich­net wurden, sechs Gründungs­staaten zur Eu­ro­pä­ischen Ge­mein­schaft zu­sam­men, aus der dann die Eu­ro­pä­ische Union her­vor­ging. In 60 Jahren ist eine Union ge­wach­sen, die Wert auf fried­liche Zu­sam­men­ar­beit, Ach­tung der Men­schen­würde, Frei­heit, Demo­kra­tie, Gleich­heit und So­li­dari­tät zwi­schen den eu­ro­pä­ischen Na­ti­onen und Völ­kern legt. Der Grund­stein für Eu­ro­pa in seiner heutigen Form bildete nur den Auf­takt zur längsten Friedens­peri­ode in der eu­ro­pä­ischen Ge­schichte und be­deuten 60 Jahre Wohl­stand für einen über­wie­genden Teil der Be­völ­kerung in Eu­ro­pa. Mit Eu­ro­pa ver­binden sich Hoff­­nungen, die Eu­­ro­­pä­­ische Union bie­tet eine Chance, ein Mehr an Grund­­wer­ten und Grund­­rechten für mehr Men­­schen zu ent­­wickeln. Mit Eu­­ro­­pa ver­­binden sich auch Ängste, eine starke Eu­ro­pä­ische Union wird nicht von allein zu einem an­deren, so­zi­alen und demokratischeren Europa. Mit den Wahlen in Deutsch­land im Sep­tem­ber, in Frank­reich im April und Mai und den Nie­der­lan­den im März hat das Jahr 2017 für den Fort­be­stand der Eu­ro­pä­ischen Union eine be­sondere Be­deu­tung. Die 28 Mit­glieds­staaten, ohne Groß­britan­nien 27 Mit­glieds­staaten, ste­hen vor großen Heraus­for­derungen, der Zu­sam­men­halt der eu­ro­pä­ischen Staaten hat nach­ge­las­sen, der Gründungs­staat Groß­bri­tan­nien will die Eu­ro­pä­ischen Union ver­las­sen. Brexit-Ver­hand­lungen, hohe Jugend­arbeits­losig­keit, der Um­gang mit der so­zialen Si­tu­a­ti­on in süd­eu­ro­pä­ischen Ländern, die Eu­ro­pa spal­tende Flücht­lings­fra­ge sowie eine zu­nehmend eu­ro­pa­feind­liche Ein­stel­lung auch bei vie­len ost­eu­ro­pä­ischen Mit­glieds­staaten reichen nicht schon für sich alleine, auch der Aus­gang der US-Prä­si­dent­schafts­wahlen und das ge­spal­tene Ver­hält­nis der eu­ro­pä­ischen Staaten zu Russ­land haben zu der Problem­ver­schärfung bei­ge­tra­gen. Jahr­zehnte­lang galt das eu­ro­pä­ische Inte­grations­pro­jekt als Erfolgs­modell, die Strahl­kraft der eu­ro­pä­ischen Idee scheint an­ge­sichts der Ent­wick­lungen und He­r­aus­for­de­rungen nach­ge­las­sen zu haben.

AutokratInnen und NationalistInnen verdrängen Demo­krat­Innen, sorgen für einen massiven Vor­marsch in einigen Län­dern Eu­ro­pas und ge­win­nen bei Wahlen, in dem sie Ab­schot­tung statt Ko­operation for­dern, ein­fache Ant­worten auf die Fragen der Zeit lie­fern und am Rande des demo­kra­tischen Spek­trums Kli­schees und Vor­ur­teile be­dienen. US-Prä­si­dent Do­nald Trump ver­lau­tete, eine Mauer zu bauen sowie die inter­na­tio­nale Ko­operation zu­rück­drehen zu wollen. Der türkische Prä­si­dent Recep Tayyip Erdogan be­schnei­det die Presse­frei­heit, will in Eu­ro­pa für sein Prä­si­dial­sys­tem wer­ben und ver­folgt po­li­tische Gegner­Innen. Eu­ro­pas rechts­po­pu­lis­tische Par­teien, welche die Eu­­ro­­pä­­ische Union zer­­schla­gen und ein Eu­­ro­­pa mit sich ab­­kap­­seln­den Na­­tio­nal­­staaten er­­rich­­ten wollen, setzen auf die Al­li­anz mit Russ­land. Durch die För­de­rung, Fi­nan­zierung und Ver­netzung rechter Par­teien be­steht die Ge­­fahr, eine schwä­chelnde Eu­­ro­pä­ische Union in die Be­deutungs­losig­keit zu trei­ben. Noch wei­ter als mit den vor­her­ge­sagten mas­siven Zu­ge­win­nen für die AfD in Deutsch­land, den Front Na­tio­nal in Frank­reich und die PVV in den Nie­der­landen könnte der Rechts­ruck in Öster­reich gehen. Sollte die FPÖ bei den nächsten Na­tio­nal­rat­swahlen deut­lich den ersten Platz er­ringen, könnte Öster­reich auf einen national­kon­servativen, eu­ro­pa­feind­lichen Kurs ge­dreht wer­den, wie es autori­täre Re­gie­rungen in Polen und Un­garn vor­führten, wo­bei sich in Polen Pro­teste der Be­völ­kerung, die den Rück­bau der Demo­kra­tie nicht ak­zep­tieren wollen, er­hoben. Diese ste­tig wach­senden und ge­sell­schaft­lich be­deu­tender wer­den­den Rechten in Eu­ro­pa mit einem für viele be­fremd­lichen Welt­bild sind nicht zu unter­schätzen und die FPÖ ist in ihrer Po­li­tik ein Vor­bild für viele rechts­ex­tre­me Be­weg­ungen in Eu­ro­pa, etwa für die deutsche AfD oder rechte Par­teien in Ost­eu­ro­pa.

Über die Bedeutung der neuen Ent­wick­lungen für Eu­ro­pa, den Um­gang der Eu­ro­pä­ischen Union mit neuen Her­aus­for­der­ungen sowie ge­mein­same po­li­tische Stra­te­gien, Ideen für eine bes­sere ge­mein­same Zu­kunft möch­ten wir ge­mein­sam mit den Gäs­ten dis­ku­tieren: Wie sieht die Zu­kunfts­sze­na­rien für Eu­ro­pa aus? Wo­rin lie­gen die Ur­sa­chen für die Exis­tenz­krise Eu­ro­pas? Zer­bricht die Eu­ro­pä­ische Union oder rückt sie näher zu­sam­men? Welche neuen Kon­zep­te liegen vor? Stimmt jene The­se, wo­nach die Eu­ro­pä­ische Union nur ge­lin­gen kann, wenn die Men­schen ein demo­kra­tisches und so­zi­ales Eu­ro­pa er­ken­nen kön­nen? Gibt es Um­setzungs­stra­te­gien für ein an­deres, ein so­zi­aleres und demo­­kra­­tischeres Eu­­ro­­pa? Be­­deu­tet das zu­­ge­­spitzt, dass ent­­we­der ein so­zia­les Eu­ro­pa ge­lingt oder es zer­fällt? Wie lässt sich die soziale Situation in Griechenland und anderen Mitgliedsstaaten verbessern? Warum spielen diese so­zi­ale Fra­ge oder Fra­gen zur Sta­bi­li­tät des Eu­ro der­zeit fast keine Rolle mehr in öf­fent­lichen De­bat­ten? Wie ist die­ses Span­nungs­ver­hält­nis zwi­schen den Außen­poli­tiken der Mit­glieds­länder und der ge­mein­samen eu­ro­pä­ischen Außen­po­li­tik auf­zu­lö­sen? Wie kann die Eu­ro­pä­ische Union als glo­bale Ak­teu­rin diesen Kri­sen vor der Haus­tür be­geg­nen? Steht ein neu­er Kal­ter Krieg oder ein Tau­wet­ter be­vor? Wie wird sich das Mächte­drei­eck Wes­ten-Russ­land-China ent­wickeln? Be­trachten die USA nicht Russ­land, son­dern China als zen­tralen geo­po­li­tischen Geg­ner? Wie sollte Eu­ro­pa agie­ren? Wer­den na­tio­nal­staat­liche Ego­is­men die eu­ro­pä­ische Werte­ge­mein­schaft zur voll­stän­digen Auf­lö­sung brin­gen? Wie sollte dem po­litischen Druck von Par­teien wie der FPÖ, die sich als Vor­reiter­innen eines Eu­ro­pa der Vater­länder ver­stehen, be­geg­net wer­den, durch die Wieder­ein­führung von Grenz­kon­trol­len und das Hoch­ziehen von Zäunen in Eu­ro­pa? Gehen die eu­ro­pä­ischen Na­ti­o­na­listen weit über das normale Maß poli­tischer Rhe­to­rik mit dem aus­ge­rufenen Jahr der Pa­trio­ten oder der Be­freiung hinaus? Welche Funk­tion über­nimmt hier­bei der Pa­t­ri­o­tis­mus? Könnte das Super­wahl­jahr Eu­ro­pa stär­ken? Sind die Kombi­nation zentraler Po­li­tik und de­zen­traler Um­setzung statt Zen­tra­lis­mus und Re-Na­tio­na­lis­mus so­wie Pri­ori­täten von Lebens­qua­li­tät, so­zi­alem Aus­gleich und öko­lo­gischer Ex­zel­lenz der Schlüs­sel zu Er­folg und Ak­zep­tanz? Könnte ein star­kes Eu­ro­pa mehr natio­nalen Spiel­raum schaf­fen? Stecken in jener Krise auch Chancen für Er­neu­erung und Wieder­be­lebung der eu­ro­pä­ischen Idee? Wie demo­kra­tisch ist die Eu­ro­pä­ische Union und wie sieht der Weg zu mehr Demo­kra­tie aus? Ist das Er­star­ken einer Zivil­ge­sell­­schaft ein er­mu­ti­gen­des Sig­nal? Was sol­len die Ak­teur­Innen in Po­li­tik und Ge­sell­schaft tun, um jenem Ver­trauens­ver­lust in die Eu­ro­pä­ische Union glaub­haft etwas ent­ge­gen­zu­setzen? Be­steht die Chance, dass das 21. Jahr­hun­dert doch ein eu­ro­pä­isches Jahr­hun­dert wird?

 

Posted by Allé Wilfried Sunday, April 16, 2017 10:00:00 AM Categories: Gesell.pol. Frühschoppen Veranstaltungen
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