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EU Handbuch für die Wahl 2024 

VON EINEM EUROPA DER KRISEN UND KONZERNE
ZU EINEM EUROPA DER MENSCHEN!
 
  Inhaltsverzeichnis
1 EU-Wahl: Was? Wie? Warum?
2 Wofür wir kämpfen
2.2 Verteilungsgerechtigkeit in Europa
2.3 Energie- und Klimapolitik in Europa
3 Das haben wir in den letzten fünf Jahren erreicht
4 Aktionsideen zum Nachmachen
5 Wie gewinnen wir die Wahl?
  Wie mobilisieren wir unsere Mitglieder im Wahlkampf?
  Wie mobilisieren wir unsere Stammwähler:innen?
6 Die wichtigsten Fragen zur EU
7 Wie viel EU finden wir in Wien?
8 Wie viel Wien steckt in der EU?
9 Danksagung

 

1. EU-Wahl: Was? Wie? Warum?

Was ist die Europäische Union?

Die Europäische Union (EU) ist ein Staatenbund aus 27 europäischen Staaten. Die Staaten bleiben grund­sätzlich souverän und unabhängig, in vielen zentralen Bereichen der Politik treffen die Organe der EU jedoch verbindliche Entscheidungen, welche die Mitgliedstaaten und deren Bürger:innen unmittelbar betreffen. Die Aufgabenfelder und Tätigkeiten umfassen dabei ein weites und wachsendes Spektrum an politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen.

Durch die teilweise Übertragung von Zuständigkeiten auf die gemeinsamen Institutionen, die von den Mitgliedstaaten selbst geschaffen wurden, kann die EU demokratisch über einige Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse entscheiden.

 

2. Wofür wir kämpfen

 

Verteilungsgerechtigkeit in Europa

Wir sind mit einer immer stärkeren Konzentration von Reichtum konfrontiert. Während für den Mittelstand und Haushalte mit geringem Einkommen immer weniger vom Wohlstandsfortschritt übrigbleibt, werden sehr wenige reiche Menschen immer reicher. Die reichsten 1% der Weltbevölkerung besitzen fast die Hälf­te des gesamten Vermögens. Aktuelle Forschung zeigt, dass Milliardär:innen weltweit äußerst niedrige effektive persönliche Steuersätze haben, zwischen 0 und 0,5% ihres Vermögens.1 Dazu kommt, dass diese Superreichen mehr CO2 ausstoßen als die ärmere Hälfte des Planeten. Doch dieser Ungerechtigkeit können wir gemeinsam auf politischer Ebene etwas entgegensetzen.

Der große Teil des Reichtums entspringt den Gewinnen und Vermögenswerten von privaten Unternehmen. Gleichzeitig sehen wir, dass die Körperschaftsteuer vor allem für große Konzerne stetig zurückgeht. Das Europäische Steuerobservatorium spricht davon, dass sich seit den 80er Jahren die Körperschaftsteuer­sätze halbiert haben.2 Dazu kommt, dass die Gewinnverlagerung durch multinationale Unternehmen explodiert ist. Der durchschnittliche Steuerentgang in der EU liegt diesbezüglich bei rund 20%.3 Das Tax Justice Network geht davon aus, dass jährlich 480 Milliarden Dollar an Steuern durch globalen Steuer­missbrauch verloren gehen.4 311 Milliarden Dollar gehen auf das Konto multinationaler Unternehmen, die ihre Gewinne in Steueroasen verschieben, und 169 Milliarden Dollar auf das Konto wohlhabender Privat­personen. Das können und wollen wir so nicht mehr hinnehmen. Deswegen sagen wir Sozialdemokratin­nen und Sozialdemokraten in der Europäischen Union dem aggressiven Steuermissbrauch den Kampf an.

Steuertransparenz und Mindeststeuer

 

3. Das haben wir in den letzten fünf Jahren erreicht

Im Wahlkampf 2019 haben wir mit dem 10-Punkte-Plan für ein gerechtes Europa geworben. Wir haben uns angesehen, was davon umgesetzt werden konnte:

  1. Mehr Fairness: große Konzerne müssen Steuern zahlen

 

Mit dem EU-Gesetz zur Konzernsteuertransparenz müssen erstmals in der Geschichte multinationale Konzerne offenlegen, wo und wie viel sie an Steuern zahlen. Damit legen wir die Steuersümpfe trocken. Darüber hinaus haben wir eine globale Mindestkörperschaftssteuer von 15% umgesetzt. Somit wird nun sichergestellt, dass multinationale Unternehmen mindestens(!) 15% an Steuern zahlen müssen. Das ist historisch, denn bis jetzt konnten sich Konzerne aussuchen,

 

4. Aktionsideen zum Nachmachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .19

5. Wie gewinnen wir die Wahl? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21

Wie mobilisieren wir unsere Mitglieder im Wahlkampf? 26

Wie mobilisieren wir unsere Stammwähler:innen? 27

6. Die wichtigsten Fragen zur EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29

7. Wie viel EU finden wir in Wien? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38

8. Wie viel Wien steckt in der EU?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .41

9. Danksagung

An dieser Stelle dürfen wir uns bei allen Mitwirkenden des “EU-Wahl 2024 Campaign Camp” und der Erarbeitung dieses Handbuches recht herzlich bedanken. Eure Expertise, euer Engagement, eure Kreativität und eure Motivation haben dieses Projekt zu einem Erfolg gemacht, auf den wir alle stolz sein können. Es ist besonders bemerkenswert, dass jede:r von euch sowohl Zeit als auch Arbeit ehrenamtlich eingebracht hat. Dies unterstreicht den gemeinsamen Wunsch, einen positiven Beitrag zum demokratischen Prozess zu leisten und die Zukunft der Europäischen Union aktiv mitzugestalten. Es zeigt auch, wie stark unsere Idee eines sozialen und demokratischen Europas bewegt.

Das Ergebnis unserer gemeinsamen Anstrengungen kann sich sehen lassen, und wir sind überzeugt, dass das erstellte Handbuch einen wichtigen Beitrag für den EU-Wahlkampf 2024 leisten wird.

Mitwirkende: Radovan Baloun, Simon Brezina, Thomas Hackl, Lukas Kafenda, Phil Kamper, Yolande Kyoni, Jasmina Malkoč, Christoph Prenner, Evelyn Regner, Sonja Schneeweiß, Günther Sidl und Raffaela Tschernitz.

Einen besonderen Dank möchten wir Barbara Novak und ihrem Team aussprechen, die das Projekt von Anfang an unterstützt haben. Insbesondere die grafische Gestaltung des Handbuches hat einen wertvollen Beitrag zur Professionalität und Attraktivität geleistet. Ebenfalls bedanken möchten wir uns bei den Mitarbeiter:innen der Wiener Bildung, die uns die nötige Infrastruktur für die erfolgreiche Umsetzung des Workshops bereitgestellt haben.

Mit diesem Handbuch in den Händen sind wir zuversichtlich, dass alle, die daran teilhaben, gestärkt in den EU-Wahlkampf 2024 gehen können. Möge die darin enthaltene Informationen Anleitung und Inspiration zu einem starken Ergebnis am 9. Juni 2024 führen.

Herzlichen Dank für eure hervorragende Mitwirkung und euer Engagement. Gemeinsam kämpfen wir für eine solidarische Zukunft Europas und für ein gutes Leben für alle!

Christina Müller und Simone Erne
Sprecherinnen der Themeninitiative
Vorwärts Europa der SPÖ Wien

Tuesday, April 16, 2024 10:52:00 PM

BUNDESFINANZHOF Urteil zu "Sog. cum/ex-Geschäfte" 


BUNDESFINANZHOF Urteil zu "Sogenannten cum / ex - Geschäfte"
 

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 16.4.2014, I R 2/12

Sog. cum/ex-Geschäfte: Übergang des wirtschaftlichen Eigentums beim Handel mit Aktien

Leitsätze

Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt derjenige, dem die Anteile an dem Kapitalvermögen im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses nach § 39 Abs. 1 AO rechtlich oder --wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über die Anteile hat-- nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO wirtschaftlich zuzurechnen sind. Wirtschaftliches Eigentum über die Anteile in diesem Sinne scheidet bei sog. cum/ex-Geschäften mit Aktien aus, wenn der Erwerb der Aktien mit dem (hier:) durch ein Kreditinstitut initiiertes und modellhaft aufgelegtes Gesamtvertragskonzept verbunden ist, nach welchem der Initiator den Anteilserwerb fremdfinanziert, der Erwerber die Aktien unmittelbar nach ihrem Erwerb dem Initiator im Wege einer sog. Wertpapierleihe (bis zum Rückverkauf) weiterreicht und der Erwerber das Marktpreisrisiko der Aktien im Rahmen eines sog. Total Return Swap-Geschäfts auf den Initiator überträgt.

Tatbestand

 

 

1

A. Streitig ist die steuerliche Zurechnung von Dividendenerträgen und sonstigen Bezügen aus Aktien bei Wertpapiererwerben im Zusammenhang mit Finanzierungs-, Wertpapierleih- und (Total-Return-)Swapgeschäften sowie einem kurzfristigen Rückverkauf im Rahmen sog. cum/ex-Geschäfte. Streitjahr ist 2008.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Anfang 2008 errichtete GmbH, erwarb im Streitjahr jeweils am Tag vor dem Dividendenstichtag (Tag der Beschlussfassung der Hauptversammlung über die Ausschüttung) dividendenberechtigte Aktien ("cum Dividende") "über" (so die Formulierung des Finanzgerichts --FG--) A, eine in London (Großbritannien) ansässige Brokergesellschaft (A handelte insoweit als sog. matched principal broker). Die Transaktionen erfolgten im außerbörslichen Handel ("OTC-"[over the counter]Geschäft). Zu den Erwerbszeitpunkten (14., 15., 20., 28. Mai 2008) befanden sich die Aktien in Depots eines französischen Bankhauses ("Settlement Location").

3

Im Zusammenhang mit diesen Wertpapierkäufen kam es zu folgenden Verträgen über Finanzierungs-, Wertpapierleih- und (Total-Return-)Swapgeschäfte mit der in London ansässigen Bank B: Global Master Securities Lending Agreement (Rahmenvertrag über Wertpapierleihe --WpL-Rahmenvertrag--); ISDA 2002 Master Agreement (Rahmenvertrag der Internationalen Vereinigung von Swap- und Devisenhändlern --Swap-Rahmenvertrag--); Loan Agreement (Kreditvertrag); Custody Agreement (Verwahrungsvertrag); Security and Set-Off Deed (Sicherheiten- und Verrechnungsurkunde); ISDA Schedule (Ablaufplan) to the 2002 Master Agreement; Credit Support Annex (Kreditsicherungsanhang) to the ISDA Master Agreement. Sämtliche Verträge --mit Ausnahme des Verwahrungsvertrags (vom 8. Mai 2008)-- datieren vom 12. Mai 2008.

4

Gegenstand des Kreditvertrags war die Finanzierung des jeweiligen Kaufpreises. Durch den WpL-Rahmenvertrag verpflichtete sich die Klägerin, die erworbenen Aktien am jeweiligen Tag des Gewinnverwendungsbeschlusses der betreffenden Kapitalgesellschaften der B darlehensweise zu überlassen. Übertragen wurden die Wertpapiere zu vollem Eigentum und zur freien Verfügung mit der Maßgabe, dass Wertpapiere gleicher Art und mit gleichem Nominalwert ("Equivalent Securities") zurückzugeben seien (Abschn. 4 i.V.m. Abschn. 2.1 WpL-Rahmenvertrag). Zugleich vereinbarten die Vertragsparteien als Tag der Hingabe der Wertpapiere (Loan Date) sowie als Abrechnungstag (Settlement Date) den jeweiligen Tag der Auszahlung der Dividende.

5

B war als Entleiher verpflichtet, der Klägerin zeitgleich mit der Wertpapierleihe und spätestens zum Handelsschluss des Abrechnungstages entsprechende Sicherheiten zu gewähren (Abschn. 5 WpL-Rahmenvertrag); die Zahlung dieser Barsicherheiten sollte automatisch mit der buchmäßigen Lieferung der Wertpapiere erfolgen (Abschn. 5.2 WpL-Rahmenvertrag). B verpflichtete sich weiterhin, zum Ausgleich für Dividendenerträge am Zahlungstag der Dividenden einen entsprechenden Betrag an die Klägerin zu zahlen (Abschn. 6.1 WpL-Rahmenvertrag --"Manufactured Payments"/"Manufactured Dividends"--).

6

Gegenstand des jeweiligen sog. Swap-Geschäfts war nach den Feststellungen des FG und den Erläuterungen der Klägerin (u.a. in ihrem Jahresabschluss) insbesondere eine Absicherung gegenüber Kursverlusten der erworbenen Wertpapiere: Wertsteigerungen schuldete die Klägerin, Wertverluste sollte B ausgleichen; zugleich waren 95 % der Dividenden an B abzuführen.

7

Nach der Gewinn- und Verlustrechnung zum Jahresabschluss der Klägerin auf den 31. Dezember 2008 erzielte sie Umsatzerlöse von 12.422.340 EUR. Sie erläuterte dies dahin, dass sie mehrere Wertpapierdarlehen gegeben und als Gegenleistung dafür Barsicherheiten erhalten habe. Im Gegenzug habe sie auf der Grundlage des Swap-Geschäfts 95 % der als Ertrag gebuchten Manufactured Dividends ("Dividendenausgleichszahlungen") an B gezahlt (11.801.223 EUR als betriebliche Aufwendungen).

8

Nach Rückgabe der Equivalent Securities verkaufte die Klägerin die Aktien erneut "über" A.

 

 

9

 
       

 Im Einzelnen handelte es sich um folgende Transaktionen:

 Aktie

 Anzahl

 Kaufdatum
(2008)

Vereinbarung über die
Wertpapierleihe und
Gewinnverwendungs-
beschluss
 (2008)

 Zahlungstag der Dividenden
und Loan Settlement Date
(2008)

Verkaufsdatum
(2008)

 V     

 6.500.000

 14. Mai

 15. Mai

 16. Mai

 3. Juni

 W     

 960.000

 15. Mai

 16. Mai

 19. Mai

 4. Juni

 X     

 750.000

 20. Mai

 21. Mai

 22. Mai

 8. Juli

 Y     

 950.000

 20. Mai

 21. Mai

 22. Mai

 8. Juli

 Z     

 22.120

 28. Mai

 29. Mai

 30. Mai

 15. Juli

10

B verwahrte die Aktien nicht selbst; sie ließ sie im eigenen Namen (aber für Rechnung der Klägerin) durch C mit Sitz in Frankfurt am Main unterverwahren ("Sub-Custodian"). Dabei verwahrte auch C die Aktien nicht selbst; tatsächliche Verwahrstelle war die girosammelverwahrende D mit Sitz in Frankfurt am Main. C adressierte an die Klägerin mit dem Vermerk "Depotkonto 11712011 für ... (B)" Erträgnisabrechnungen und Steuerbescheinigungen über die in das Depot eingelieferten Aktien:

 

11

 
 

        

        

        

        

        

 Nennbetrag

 

 Stückzahl

 Bruttodividende



(EUR)

 Kapitalertragsteuer

20 %

(EUR)

 Solidaritätszuschlag

 5,5 %

(EUR)

   

 V     

 6.500.000

 5.070.000

 1.014.000

 55.770

   

 W     

 960.000

 1.132.800

 226.560

 12.460

   

 X     

 750.000

 4.125.000

 825.000

 45.375

   

 Y     

 950.000

 1.995.000

 399.000

 21.945

   

 Z     

 22.120

    99.540

    19.908

   1.094

   

 Summe (EUR) 

        

 12.422.340

 2.484.468

 136.645

   

12

Nach dem Verkauf der Aktien zahlte die Klägerin aus den Erlösen die Barsicherheiten an B zurück und lieferte die von dieser überlassenen Aktien an A aus.

13

Die Klägerin erzielte im Rumpfwirtschaftsjahr zum 31. Dezember 2008 einen Jahresüberschuss von 339.419,21 EUR (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit: 581.670,23 EUR). Zugleich mit der Abgabe ihrer Körperschaftsteuererklärung beantragte sie unter Vorlage entsprechender Steuerbescheinigungen der C (Aktiendepots) sowie einer weiteren Bank (Zinserträge) die Anrechnung von Kapitalertragsteuern, Zinsabschlag und Solidaritätszuschlägen in Höhe von insgesamt 2.621.322,89 EUR.

14

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte die Körperschaftsteuerfestsetzung mit Bescheid vom 25. Januar 2010 --unter Hinweis auf ein Schreiben vom 14. Januar 2010 und den Inhalt einer Besprechung vom 25. Januar 2010-- ab (in der Betreffzeile des Bescheids wird auf "Körperschaftsteuer 2008" verwiesen). Die Klägerin sei zu den Dividendenstichtagen weder zivilrechtliche noch wirtschaftliche Eigentümerin der Aktien gewesen, weshalb ihr die Dividendenzahlungen gemäß § 20 Abs. 2a des Einkommensteuergesetzes (in der im Streitjahr geltenden Fassung durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13. Dezember 2006, BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28) --EStG 2002 n.F.-- steuerlich nicht zugerechnet werden könnten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setze der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an Kapitalgesellschaftsanteilen voraus, dass der Erwerber aufgrund eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben habe, und dass die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf den Erwerber übergegangen seien. Dem Erwerber müsse danach der wirtschaftliche Wert der Anteile (deren Substanz und Ertrag) zustehen, und zwar vollständig und auf Dauer. Im Streitfall habe die Klägerin zeitgleich mit der Erteilung der Kaufaufträge an A Kurssicherungsgeschäfte mit B geschlossen. Danach seien die Kursrisiken und -chancen nicht auf die Klägerin übergegangen und somit eine der Grundvoraussetzungen für den Übergang wirtschaftlichen Eigentums nicht erfüllt. Dass es sich bei den Kaufaufträgen und den Swap-Geschäften um separate Rechtsgeschäfte gehandelt habe, sei unbeachtlich; die einzelnen Verträge und ihre Auswirkungen müssten in einer Gesamtbetrachtung gewürdigt werden. Mit der Verneinung wirtschaftlichen Eigentums erübrige es sich zudem, sich damit auseinanderzusetzen, ob etwaige sog. Leerverkäufe und die vorgelegten Steuerbescheinigungen steuerlich anerkannt werden können.

15

Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (FG Hamburg, Urteil vom 24. November 2011  6 K 22/10, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 351). Ein Antrag auf Tatbestands- bzw. Urteilsberichtigung war teilweise erfolgreich (Beschluss des FG vom 12. Januar 2012).

16

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts und eine unzureichende Sachaufklärung.

17

Sie beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Ablehnungsbescheids des FA vom 25. Januar 2010 das FA zu verpflichten, sie erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer zu veranlagen, und im Falle einer Veranlagung auf die festzusetzende Körperschaftsteuer und den festzusetzenden Solidaritätszuschlag Kapitalertragsteuer in Höhe von 2.484.468 EUR, Zinsabschlag in Höhe von 198,27 EUR und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer in Höhe von 136.656,62 EUR anzurechnen.

18

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

19

Dem Verfahren ist das Bundesministerium der Finanzen (BMF) beigetreten. Es ist in der mündlichen Verhandlung mit einem vom Senat zugelassenen Beistand nach § 62 Abs. 7 Satz 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erschienen und schließt sich, ohne einen eigenen Antrag zu stellen, mit ergänzender Begründung der Rechtsmeinung des FA an.

Entscheidungsgründe

 

 

20

B. Auf die Revision der Klägerin wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 FGO). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass der angefochtene Ablehnungsbescheid die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin ist zur Körperschaftsteuer zu veranlagen; für die Festsetzung der Körperschaftsteuer bedarf es jedoch weiterer tatsächlicher Feststellungen. Im Übrigen (Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen) ist die Revision unbegründet.

21

I. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung des Anrechnungsbegehrens als unzulässig richtet.

22

Das FG hat insoweit ohne Rechtsfehler darauf verwiesen, dass das FA einen im Wege der Sprungklage (§ 45 FGO) anfechtbaren Verwaltungsakt im vom Verfahren der Steuerfestsetzung gesonderten Verfahren der Steuererhebung (s. § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO--) noch nicht erlassen hatte. Der Tenor des angefochtenen Verwaltungsakts (Ablehnungsbescheid des FA vom 25. Januar 2010) lehnt ausdrücklich (nur) "die ... beantragte Körperschaftsteuerfestsetzung" ab. Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht möglich, diese Entscheidung auf das Erhebungsverfahren zu erstrecken: Das FA hat die Frage der Zurechnung wirtschaftlichen Eigentums ausdrücklich als "Vorfrage" verstanden, die, falls diese zu verneinen ist, eine darauf aufbauende Entscheidung darüber, ob die vorgelegten Steuerbescheinigungen im Erhebungsverfahren anzuerkennen sind, entbehrlich mache. Insoweit sei auch nur "die Streitfrage des wirtschaftlichen Eigentums" gerichtlich zu klären, "um keine unnötige Zeit zu verlieren" (Notiz über die Besprechung am 25. Januar 2010 als Gegenstand der Begründung des angefochtenen Bescheids). Entgegen der Ansicht der Revision erstreckt sich die Zustimmung des FA zu der Sprungklage gegen die Ablehnung der Steuerfestsetzung nicht auch zugleich auf ein Verfahren gegen die --mit Blick auf die bisher ausstehende Steuerfestsetzung-- förmlich noch nicht erfolgte Ablehnung der beantragten Anrechnungsverfügung (s. parallel zum Regelungsinhalt einer Einspruchsentscheidung das Senatsurteil vom 28. April 1993 I R 123/91, BFHE 170, 573, BStBl II 1994, 147). Weder Gründe der Prozessökonomie und des Sachzusammenhangs (die Klägerin verweist auf den Ansatz der Bruttodividende als Beteiligungsertrag in der Gewinn- und Verlustrechnung) noch der Umstand, dass es sich bei der Anrechnungsverfügung (oder dem Abrechnungsbescheid) nach der Rechtsmeinung der Klägerin um einen gebundenen Verwaltungsakt handeln könnte oder dass insoweit vom Steuerbescheid eine "ähnlich einem Grundlagenbescheid bindende Wirkung" (s. BFH-Urteile vom 29. Oktober 2013 VII R 68/11, BFHE 243, 111; vom 12. November 2013 VII R 28/12, BFH/NV 2014, 339) ausgeht, können darüber hinweghelfen, dass das Gesetz gesonderte Entscheidungen in getrennten Verfahrensabschnitten vorsieht (z.B. Senatsurteil vom 14. November 1984 I R 232/80, BFHE 142, 408, BStBl II 1985, 216; BFH-Urteile vom 12. August 1999 VII R 92/98, BFHE 189, 331, BStBl II 1999, 751; vom 26. Februar 2008 VIII R 1/07, BFHE 220, 229, BStBl II 2008, 659; BFH-Beschluss vom 11. August 2011 X S 6/11 (PKH), BFH/NV 2011, 1837; BFH-Urteile in BFHE 243, 111, und in BFH/NV 2014, 339; Urteil des Niedersächsischen FG vom 22. Juli 1993 VII 396/92, EFG 1994, 302; Gosch in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 36 Rz 20; Schmidt/Loschelder, EStG, 33. Aufl., § 36 Rz 27).

23

II. Die Klage gegen den Ablehnungsbescheid des FA hat das FG zu Recht als zulässig angesehen.

24

1. Ein solcher Bescheid ist als Steuerbescheid i.S. des § 155 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 3 AO zu werten (z.B. Senatsurteil vom 22. Oktober 1986 I R 254/83, BFH/NV 1988, 10; BFH-Urteil vom 9. April 2008 II R 31/06, BFH/NV 2008, 1435): Das FA lehnt es ab, auf der Grundlage der Steuererklärung der Klägerin eine Steuerveranlagung (§ 31 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG 2002-- i.V.m. § 25 Abs. 1 EStG 2002 n.F.) durchzuführen, die nach der Rechtsauffassung der Klägerin in einem sich anschließenden Erhebungsverfahren (§ 31 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG 2002 n.F.) bei der Ermittlung der verbleibenden Körperschaftsteuer (Anrechnung der Kapitalertragsteuer auf die festzusetzende Körperschaftsteuer) zu einer Steuererstattung führen würde. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage, das FA zum Erlass dieses abgelehnten Steuerbescheids zu verpflichten.

25

2. Notwendige Voraussetzung der Anrechnung von Kapitalertragsteuer ist die Erfassung der zugrunde liegenden Einnahmen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002 n.F.). Der Verpflichtungsantrag der Klägerin geht über ein bloßes Veranlagungsbegehren hinaus. Ein solcher Antrag ist zulässig, weil nur auf dieser Grundlage die Voraussetzung für eine Steueranrechnung erfüllt werden kann. Das gilt gleichermaßen, soweit die Kapitalertragsteuer auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt, wenn es sich bei der Klägerin tatsächlich --entsprechend der Annahme der Beteiligten und wohl auch der Vorinstanz-- um ein sog. Finanzunternehmen (§ 1 Abs. 3 des Gesetzes über das Kreditwesen, § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002) handeln sollte, oder aber auf Bezüge, welche nach § 8b Abs. 1 KStG 2002 bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, von welchen aber 5 % als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen.

26

3. Zur Frage einer Beschwer (§ 40 Abs. 2 FGO) der Klägerin durch die Ablehnung einer (belastenden) Steuerfestsetzung ist auf das Senatsurteil vom 24. November 2009 I R 12/09 (BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590; s.a. BFH-Urteil vom 7. Mai 2013 VIII R 17/09, BFH/NV 2013, 1581) zu verweisen. Die dort beschriebenen Grundsätze zur Beschwer, wenn die Festsetzung einer höheren Steuer begehrt wird, sind hier sinngemäß heranzuziehen.

27

III. Der Verpflichtungsantrag ist dem Grunde nach begründet. Die Klägerin ist zur Körperschaftsteuer zu veranlagen und die Körperschaftsteuer ist festzusetzen. Die Klägerin war als Kapitalgesellschaft im Streitjahr gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG 2002 unbeschränkt steuerpflichtig und sie hat nach den tatrichterlichen Feststellungen jedenfalls Zinserträge und weitere Erträge ("ähnliche Erträge" lt. Gewinn- und Verlustrechnung) erzielt.

28

IV. Soweit die Klägerin hingegen auch die Erfassung der Erträge aus den streitbefangenen Wertpapierverkäufen begehrt, ist die Klage unbegründet. Die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG 2002) enthalten im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Wertpapierkäufen keine Dividenden bzw. Kapitalerträge (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 4 EStG 2002 n.F.), die zur Anrechnung der Kapitalertragsteuer berechtigen können (§ 31 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG 2002 n.F.).

29

1. a) Der von der Klägerin begehrte Ansatz von Dividenden sowie der darauf entfallenden anrechenbaren Steuern als (Betriebs-)Einnahmen setzt voraus, dass jene Einnahmen ihr steuerrechtlich zuzurechnen sind. Die persönliche Zurechnung von Dividenden richtet sich nach der hier maßgeblichen Rechtslage im Veranlagungszeitraum 2008 nach § 20 Abs. 2a EStG 2002 n.F. i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002. Anteilseigner i.S. des § 20 Abs. 2a Satz 1 EStG 2002 n.F. ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an der Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind (§ 20 Abs. 2a Satz 2 EStG 2002 n.F.). Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen. "Eigentümer" im Sinne dieser Regelung ist der zivilrechtliche Eigentümer oder der Inhaber des Wirtschaftsguts. Abweichend von § 39 Abs. 1 AO bestimmt § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO, dass die Zurechnung an die Person erfolgt, die die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass sie den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann.

30

b) Der von der Klägerin begehrte Ansatz von Kapitalerträgen sowie der darauf entfallenden anrechenbaren Steuern als Einnahmen kann allerdings (alternativ) auch darauf beruhen, dass sie sonstige Bezüge aus Aktien (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 4 EStG 2002 n.F.) erwirtschaftet hat. Als sonstige Bezüge gelten auch Einnahmen, die an Stelle der Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002 n.F. von einem anderen als dem Anteilseigner nach § 20 Abs. 2a EStG 2002 n.F. bezogen werden, wenn die Aktien mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert werden. Dieser zur Regelung von sog. Leerverkäufen geschaffene Tatbestand (s. den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/2712, S. 46 ff.) erfasst Einnahmen, die den Bezug einer Gewinnausschüttung wirtschaftlich ersetzen (Ausgleichszahlung des Verkäufers anstelle der Dividende), und damit im Zusammenhang stehen, dass die im Rahmen des Erfüllungsgeschäfts zu Eigentum erworbene Aktie den im Verpflichtungsgeschäft versprochenen Anspruch auf Zahlung einer Gewinnausschüttung nicht (mehr) vermittelt (von Beckerath in Kirchhof, a.a.O., § 20 Rz 56; Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rz 111; Blümich/ Ratschow, § 20 EStG Rz 138; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 20 Rz 68).

31

2. Die Klägerin mag die Voraussetzungen des Einkünftetatbestands des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002 n.F. durch den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an den Aktien vor dem Ausschüttungsbeschluss im Zeitpunkt des jeweiligen schuldrechtlichen Anschaffungsgeschäfts im Zusammenhang mit den sog. cum/ex-Geschäften prinzipiell erfüllen können (s. zu Einzelheiten Senatsurteil vom 15. Dezember 1999 I R 29/97, BFHE 190, 446, BStBl II 2000, 527, und dazu das BMF-Schreiben vom 6. Oktober 2000, BStBl I 2000, 1392, sowie Senatsbeschlüsse vom 20. November 2007 I R 85/05, BFHE 223, 414, BStBl II 2013, 287, und I R 102/05, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2008, 336; s.a. z.B. BFH-Urteil vom 1. August 2012 IX R 6/11, BFH/NV 2013, 9; Senatsbeschluss vom 15. Oktober 2013 I B 159/12, BFH/NV 2014, 291), und zwar auch in der streitgegenständlichen Situation des außerbörslichen Handels (s. z.B. Berger/Matuszewski, Betriebs-Berater --BB-- 2011, 3097, 3101; Desens, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2012, 142, 149 f., und DStZ 2012, 246, 249; Englisch, Finanz-Rundschau --FR-- 2010, 1023, 1028 f.; Hahne, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2007, 605, 609, und DStR 2007, 1196, 1197; Podewils/Zink, DStZ 2013, 177, 178; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 39 Rz 67; Demuth, DStR 2013, 1116, 1117; Seer/Krumm, DStR 2013, 1757, 1760; s.a. BTDrucks 16/2712, S. 4; a.A. z.B. Rau, DStR 2007, 1192, 1195, und DStR 2007, 1198, 1199, und DStR 2013, 838; Bruns, DStR 2010, 2061, 2063). Gleiches gilt für den Einkünftetatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 4 EStG 2002 n.F. Nicht zweifelsfrei und im Schrifttum umstritten ist allerdings, ob der Anteilserwerber --wovon der Gesetzgeber entgegen dem Vorbringen des BMF in der mündlichen Verhandlung erklärtermaßen ausgegangen ist (vgl. BTDrucks 16/2712, S. 46 ff., S. 47)-- auch im Fall eines sog. Leerverkaufs im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wirtschaftliches Eigentum erwerben kann (vgl. bejahend z.B. Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3100; Desens, DStZ 2012, 142, 150 f.; Englisch, FR 2010, 1023, 1025 ff.; Podewils/Zink, DStZ 2013, 177, 181; verneinend demgegenüber z.B. Anzinger, Recht der Finanzinstrumente 2012, 394, 400 ff.; Bruns, DStZ 2011, 676, 679; Rau, DStZ 2010, 1267; Kolbinger, Das wirtschaftliche Eigentum an Aktien, 2008, S. 142 f., S. 165).

32

3. Doch kann das unter den Gegebenheiten des Streitfalls --und damit, überblickt man die einschlägigen Beiträge in der allgemeinen wie fachlichen Presse, wohl zugleich der weithin üblichen Gestaltungspraxis bei sog. cum/ex-Geschäften-- im Einzelnen unbeantwortet bleiben. Denn dem jeweiligen Wertpapiergeschäft liegt hier unabhängig davon, ob ein Inhaberverkauf oder ein sog. Leerverkauf vorliegt, ein von der B initiiertes und modellhaft aufgelegtes Gesamtvertragskonzept zugrunde, das dem Erwerb von wirtschaftlichem Eigentum durch die Klägerin vor dem Dividendenstichtag --mit Blick auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002 n.F.-- oder zu einem späteren Zeitpunkt --mit Blick auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 4 EStG 2002 n.F.-- von vornherein entgegensteht. Die Wertpapiererwerbe standen im untrennbaren Zusammenhang mit Finanzierungs-, Wertpapierleih- und (Total-Return-)Swapgeschäften sowie einem kurzfristigen Rückverkauf. Eine nennenswerte Inanspruchnahme der mit dem Innehaben der Wertpapiere verbundenen Rechte durch die Klägerin war in Anbetracht dessen ausgeschlossen. Es liegt ein bloßer Durchgangserwerb vor.

33

a) Es kann allerdings nicht zweifelhaft sein, dass die einzelnen Komponenten der wirtschaftlich unauflösbaren Gesamtkonzeption --bei isolierter Betrachtung-- "als solche" den Erwerb wirtschaftlichen Eigentums durch die Klägerin nicht gefährdet hätten. Dies gilt namentlich für den Umstand der Fremdfinanzierung durch B und des Weiteren dafür, dass die Klägerin die Aktien "ex dividende" kurze Zeit später (und nach Beendigung der Wertpapierleihevereinbarung mit B) wieder "über" A veräußert hat. Auch führt ein Kurssicherungsgeschäft im Zusammenhang mit Aktien für sich genommen ungeachtet der Risikoverteilung nicht zu einer Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den jeweiligen Aktien, soweit das Geschäft nicht physisch durch Aktienlieferung erfüllt wird (Haisch in Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente, 2011, § 6 Rz 192 und § 1 Rz 62 f., m.w.N.).

34

b) In der Zusammenschau der verwirklichten Sachverhalte lässt sich der Erwerb von wirtschaftlichem Eigentum an den Aktien durch die Klägerin gleichwohl nicht begründen.

35

aa) Das FG hat die erwerbsbezogene Zurechnungsfrage in einen Zusammenhang mit den Vereinbarungen, welche die Klägerin mit B getroffen hat, gestellt. Dazu hat es unter der Annahme eines Erwerbs des wirtschaftlichen Eigentums durch die Klägerin im Zeitpunkt der schuldrechtlichen Vereinbarung mit A festgestellt, die Klägerin habe am jeweils auf den Tag des Erwerbs folgenden Tag (dem Tag des Beschlusses der Hauptversammlung über die Gewinnverwendung) eine Vereinbarung mit B über die Wertpapierleihe zu den jeweiligen Aktien geschlossen. Sie habe auf diese Weise die Aktien auf begrenzte Zeit und gegen Zahlung einer Ausgleichsleistung für erhaltene Dividenden an B zu vollem Eigentum und zu freier Verfügung mit der Maßgabe verliehen, dass Papiere gleicher Art und Ausstattung zurückzugeben waren. Die Aktien seien in das Depot der B bei C eingeliefert und von der girosammelverwahrenden D verwahrt worden. Damit sei das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien am jeweiligen Tag des Gewinnverwendungsbeschlusses auf B übergegangen mit der Folge, dass jener die Dividenden steuerlich zuzurechnen seien.

36

bb) Diese Würdigung des FG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

37

aaa) Die beschriebenen Grundsätze zum Übergang wirtschaftlichen Eigentums bei Kapitalgesellschaftsanteilen sind auch bei einer Wertpapierleihe anzuwenden.

38

aaaa) Die Wertpapierleihe ist ihrem Inhalt nach ein Sachdarlehen: Wertpapiere werden auf in der Regel begrenzte Zeit und gegen Leistung eines Entgelts zu vollem Eigentum und zu freier Verfügung mit der Maßgabe "verliehen", dass Papiere gleicher Art und Ausstattung zurückzugeben sind. Damit ist der Verleiher verpflichtet, dem Entleiher das Eigentum an den Aktien zu übertragen. Der Entleiher wiederum tritt als zivilrechtlicher Eigentümer in alle Rechte aus den Aktien ein. Neben dem Stimmrecht stehen ihm sämtliche Erträge aus den darlehensweise übertragenen Aktien zu (z.B. Senatsurteil vom 17. Oktober 2001 I R 97/00, BFHE 197, 63, m.w.N.; Schnitger/Bildstein, IStR 2008, 202, 203). Insoweit erhält der Verleiher in der Regel aufgrund schuldrechtlicher Abrede ein Entgelt als Ersatz für entgehende Dividendenerträge (sog. Kompensations- oder Ausgleichszahlung) in Höhe der Dividenden, die während der Laufzeit auf das Papier entfallen.

39

bbbb) Abweichend von der Ansicht der Revision geht das wirtschaftliche Eigentum bei der Wertpapierleihe indessen nicht stets erst im Zeitpunkt der Depot-Umbuchung und damit des Erwerbs des zivilrechtlichen Eigentums auf den Entleiher über. Auch im Rahmen eines Wertpapierleihgeschäfts ist der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Entleiher vielmehr vor diesem Zeitpunkt möglich; der Umstand, dass im Zuge dieses Rechtsgeschäfts der Verleiher einen auf vertretbare Sachen gerichteten Rückübertragungsanspruch erhält, hindert den Übergang wirtschaftlichen Eigentums nicht (s. z.B. Haarmann in Kirchhof/Schmidt/Schön/Vogel [Hrsg.], Steuer- und Gesellschaftsrecht zwischen Unternehmerfreiheit und Gemeinwohl, Festschrift für Arndt Raupach, 2006, S. 233, 239 ff.; Häuselmann, FR 2010, 200, 201; Haisch/Helios in dies., a.a.O., § 2 Rz 203 f., m.w.N.; s.a. § 8b Abs. 10 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007, BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630; a.A. Kienle in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 105 Rz 34). Entscheidend für den Zeitpunkt des Übergangs ist hier wie dort, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen dem Entleiher auch vor der Eigentumsübertragung die mit den Anteilen verbundenen Verfügungsmöglichkeiten und Gewinnansprüche regelmäßig nicht mehr entzogen werden können.

40

bbb) Die Feststellungen des FG gehen in diesem Zusammenhang dahin, dass es am Tag des jeweiligen Gewinnverwendungsbeschlusses zum Abschluss der jeweiligen Leihvereinbarung und einer "Einbuchung des Aktienbestands" auf dem durch B im eigenen Namen gehaltenen Depot bei C gekommen war. Die Revision rügt, es fehle hiernach an einer ausreichend eindeutigen Grundlage zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und der Vertragserfüllung. Denn nach den tatrichterlich getroffenen Feststellungen hatten die Parteien als Tag der Hingabe der Wertpapiere (Loan Date) sowie als Abrechnungstag (Settlement Date) den jeweiligen Tag der Auszahlung der Dividenden (der nach dem Tag des jeweiligen Gewinnverwendungsbeschlusses lag) vereinbart. Den Tag der Depot-Einbuchung hat das FG nicht ausdrücklich festgestellt. Allerdings ist auch insoweit maßgebend, ob B vor der Beschlussfassung über die Dividende (für § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002 n.F.) oder vor der Erfüllung der kaufvertraglichen Vereinbarung (für § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 4 EStG 2002 n.F.) --und unter Ausschluss weiterer Verfügungsmöglichkeiten der Klägerin als Verleiherin-- erwarten konnte, wirtschaftlich zur Fruchtziehung berechtigt zu sein.

41

cc) Die Würdigung des FG wird durch das Gesamtvertragskonzept --und damit dem für die Zuweisung wirtschaftlichen Eigentums maßgebenden "Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall" (z.B. BFH-Urteil vom 5. Oktober 2011 IX R 57/10, BFHE 235, 376, BStBl II 2012, 318, m.w.N.)-- des Erwerbsgeschäfts gestützt. Dieses erschließt sich aus der vor dem ersten schuldrechtlichen Geschäft abgeschlossenen Rahmenvereinbarung: B als finanzierende Bank trägt die Kursrisiken und die Kurschancen der Aktien, erhält den wesentlichen Teil (95 %) der Dividende und hindert die Klägerin kraft Leihvereinbarung an einer abredewidrigen Verfügung; eine irgendwie geartete Nutzung von (Verwaltungs- und Vermögens-)Rechten, die mit dem Aktienbesitz verbunden sein können, ist durch die Klägerin nicht vorgesehen.

42

4. In Anbetracht dieses Ergebnisses muss der Senat sich nicht mehr damit auseinandersetzen, ob die getroffenen Transaktionen in ihrer Gesamtschau als gestaltungsmissbräuchlich (i.S. von § 42 AO) anzusehen sind. Diese Frage, die im Zusammenhang mit den sog. cum/ex-Geschäften und der dabei teilweise als halbherzig beurteilten regulativen Gegenwehr des Gesetzgebers vieldiskutiert wird (vgl. dazu z.B. Desens, FR 2014, 265, 305, m.w.N.; s.a. Seer/Krumm, DStR 2013, 1757) und die auch im Streitfall in der Argumentation der Finanzverwaltung im Vordergrund steht, kann nach wie vor unbeantwortet bleiben.

43

V. Das Urteil des FG ist aufzuheben. Die Sache ist in der eigentlichen Streitfrage spruchreif. Sie ist dennoch an das FG zurückzuverweisen, da anderweitige erforderliche Feststellungen nachzuholen sind.

44

1. Bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer gegenüber der Klägerin sind weitere Zinserträge zu berücksichtigen. Diese Erträge, deren Erzielung durch die Klägerin nicht im Streit steht, liegen ebenfalls ihrem Begehren zugrunde, eine Anrechnung einbehaltener Steuern --hier des sog. Zinsabschlags (zzgl. Solidaritätszuschlag)-- auf ihre Körperschaftsteuerschuld zu erwirken. Die Höhe dieser Erträge hat das FG bislang nicht festgestellt.

45

2. Darüber hinaus hat die Klägerin weitere Einkünfte erzielt (ausweislich ihrer Gewinn- und Verlustrechnung "ähnliche Erträge"), die Gegenstand ihrer Steuererklärung sind. Feststellungen zu diesen Einkünften hat das FG bisher noch nicht getroffen. Im Übrigen werden insbesondere auch die Verrechnungen im Verhältnis zwischen der Klägerin und B aufzuklären sein, um namentlich in der Gewinn- und Verlustrechnung erwähnte "vermögensumschichtende Vorgänge" von einem Einfluss auf die Einkommensermittlung auszuschließen. Sollte es sich bei den ggf. noch zu erfassenden Einnahmen um solche i.S. von § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 handeln, wird das FG schließlich nicht umhinkommen, auf die bereits angesprochene, bislang aber offengebliebene Frage einzugehen, ob es sich bei der Klägerin überhaupt um ein Finanzunternehmen handelt, für das nach § 8b Abs. 7 (Satz 1 und 2) KStG 2002 die Absätze 1 bis 6 dieser Vorschrift nicht anzuwenden sind. Das wiederum hängt davon ab, ob sich der von § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 tatbestandlich verlangte Anteilserwerb "mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges" tatsächlich --und wie erforderlich-- auf die jeweiligen Aktienverkäufe bezieht, oder aber auf die Einnahmen aus dem jeweiligen modellhaften Kombinationsgeschäft. Letzteres würde den Anforderungen des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 nicht genügen und ggf. lediglich den Ansatz der besagten Einnahmen mit 5 % nach Maßgabe von § 8b Abs. 1 und 5 KStG 2002 nach sich ziehen.

46

VI. Die Kostenentscheidung wird dem FG für das gesamte Verfahren --auch soweit die Revision keinen Erfolg hat (s. z.B. BFH-Urteil vom 6. November 2008 IV R 6/06, BFH/NV 2009, 763)-- gemäß § 143 Abs. 2 FGO übertragen.

 

Verknüpftes Dokument, siehe auch:  Pressemitteilung Nr. 30/14 vom 17.4.2014

 

Wednesday, April 19, 2017 8:53:00 AM
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Haralds Reden im Parlament
 
hier folgen die Reden von Harald und du brauchst nur mehr zuhören

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SteuerzahlerInnen sollen nicht mehr für Fehler der Banken bezahlen am 8. Juli 2014
 

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren! Was wir im Nationalrat hier heute diskutieren, ist nichts Geringeres als die Wiederherstellung der Finanzstabilität im Euro-Raum, also eines sicheren und soliden Finanzsektors in Europa, und für die SPÖ darf ich sagen: sicher und solide vor allem für die Sparer und die Steuerzahler.

Ein kurzer Rückblick: Als die Finanzkrise 2010/2011 in eine Schuldenkrise des Euro-Raums führte, war schnell klar, dass politisch gehandelt werden muss, um den Teufelskreis zwischen maroden, zu rettenden Banken und den öffentlichen Staatshaushalten zu durchbrechen. Daher die Überlegungen zur Europäischen Bankenunion, daher die Überlegungen, die Bankenaufsicht neu zu regeln.

Ich sage es als Abgeordneter ganz klar: Ich möchte ausschließen, dass die Steuerzahler in Zukunft erneut zur Kasse gebeten werden, wenn Banken Fehler begehen, wenn Banken kapitale Fehler begehen.

Das Gesetz zur Bankenaufsicht ist eine klare Botschaft an die Bankdirektoren. Es kann nicht sein, dass Politik erpressbar ist. Es kann nicht sein, dass Politik durch Bankdirektoren erpressbar ist, die sagen: Wir sind zu groß, um fallen gelassen zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Regelungen zur neuen Bankenaufsicht auf europäischer und nationaler Ebene koordiniert anzugehen bedeutet auch ein Ende des englischen „too big to fail“ und damit eine ganz klare Trendwende in der europäischen Bankenpolitik, und das ist nicht hoch genug einzuschätzen.

Die Rettungspakete für Banken müssen Geschichte sein, und sie müssen Geschichte bleiben. Wir brauchen dieses Geld für eine Steuerreform. Wir brauchen dieses Geld für unser Gesundheitswesen, unsere Schulen. Wir brauchen dieses Geld für Kunst und Kultur, für Wissenschaft und Forschung. (Beifall der SPÖ.)

Die Botschaft der Bankenunion und der Gesetze zur Bankenaufsicht, die wir heute hier beschließen, ist klar: Banken, konzentriert euch auf eure wesentlichen und eigentlichen Aufgaben! Das ist erstens, die Gelder der Sparer sicher und gut anzulegen, und zweitens, Kredite für die Realwirtschaft zu geben, Kredite für unsere kleinen, mittleren und auch größeren – wie auch immer – österreichischen Firmen und Unternehmungen. Der erzielte Effekt ist offensichtlich und klar: wirtschaftlicher Aufschwung und die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Mit dem österreichischen Gesetz definieren wir, welche Banken durch die Europäische Zentralbank überwacht werden, nämlich die systemrelevanten, und welche kleineren durch die Oesterreichische Nationalbank und unsere Finanzmarktaufsicht.

Unser Ziel ist eine wirksame österreichische und europäische Finanzmarktaufsicht im Interesse der Sparer und Steuerzahler, damit Banken und Fonds das Geld der Sparer nicht mehr verzocken, damit Steuerzahler nicht mehr für nicht mehr kontrollierbare Bankenrettungsschirme herangezogen werden, damit Geld bereitsteht für Betriebe, die wachsen wollen, und dafür, dass es Arbeit gibt und damit Zukunft. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)